Tag 30, Samstag 07.02.2009
Von tragischen Rekorden und piekfeinen Felsbewohnern
 
Und weiter geht’s. Ziel ist heute Phillip Island, ein kleines Eiland südlich von Melbourne. Fluglinie sind es etwa 100 Kilometer, aber da uns die Port Phillip Bay von unserem Ziel trennt, machen wir einen großzügigen Umweg über Melbourne, insgesamt 212 Kilometer rechnen wir aus. Plus cirka 15 zusätzliche Kilometer, die wir trotz oder gerade wegen des Navis innerhalb Melbournes zurücklegen. Ganz ungewollt lernen wir so auch die nicht touristischen Viertel der Stadt kennen, bis wir auch das überstanden haben. Irgendwo zwischen dem ungekrönten König der Doppelkonsonanten Eumemmerring und der Hauptstadt der Vokale Koo Wee Rup halten wir zum Tanken. Und kippen fast aus den Flipflops angesichts der Hitze, die uns beim Aussteigen aus unserem klimatisierten Auto entgegenschlägt. Da hat jemand den Backofen aber auf 45 Grad und Umluft gestellt! Der leichte Wind ist irritierend heiß im Gesicht. Hätten wir in den kommenden Tagen einmal Nachrichten gesehen, wüssten wir, dass die Gegend um Melbourne Anfang Februar 2009 von verheerenden Buschfeuern heimgesucht wird. Der heutige Tag, der 7. Februar, ist mit Temperaturen bis zu 48 Grad der heißeste Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 150 Jahren und erster Tag der Brände.
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Er wird als Black Saturday traurige Berühmtheit erlangen und die Brände werden mit rund 170 Toten, Tausenden zerstörter Häuser und riesigen Flächen verbrannten Waldes in die Geschichte eingehen. Aber das erfahren wir erst im Nachhinein. Das Thema Waldbrand ist in Australien umstritten. Manche befürworten gezielte Brandlegungen, um die Gefahr von Katastrophen wie den Black Saturday bushfires zu dezimieren. Immerhin haben schon die Aborigines Brände absichtlich als Schutzmaßnahmen ausgelöst und selbst einige Pflanzen des Kontinents sind auf die Feuer eingestellt. So fördert das leicht brennbare Öl der Eukalypten ein Feuer sogar. Denn in ihrem Stamm bilden sich durch die Hitze neue Keimlinge, so dass sie schon wieder ausschlagen, wenn andere Bäume noch auf Regeneration warten. Auch viele Banksien-Arten sind auf Brände angewiesen, denn erst bei großer Hitze öffnen sich die Samenstände der Pflanzen und verteilen das neue Saatgut.
 
Angekommen auf Phillip Island verabschieden wir uns schnell von der Idee, die Insel zu erwandern. Bei der herrschenden Hitze wäre das nicht nur nicht angenehm, sondern durchaus auch gefährlich. Daher suchen wir uns ein Plätzchen am Strand, im kreislaufschonenden Schatten eines hohen Nadelbaums. Wenn man schnell genug über den glühend heißen Sand hechtet, kann man sich danach seine qualmenden Füße im Wasser löschen. Allerdings auch nur kurzzeitig, weil sonst ein Sonnenstich droht. So verbringen wir den Nachmittag Eis essend und kreuzworträtselnd am Strand von Cowes. Abends suchen wir die Südwestspitze der Insel auf. Am Point Grant wandern wir auf Holzstegen an der zerklüfteten Küste entlang. Vor uns liegen The Nobbies, Felsinseln, die von Seehunden bevölkert sind. Zu sehen sind die Tiere allerdings nur, wenn man mit dem Boot hinaus fährt. Aber der Blick allein ist schon mehr als lohnend: Direkt vor uns schäumt das Wasser weißblau über die schwarzen Felsen an der Küste, die untergehende Sonne verwandelt das Meer kilometerlang in gleißend blanke Flächen und hinter uns steht der blasse Mond tief zwischen den mit kurzem, moosigen Gras bewachsenen Hügeln.