Wir fahren nun in westlicher Richtung weiter, immer dem Flußlauf des Guadalquivir, dem größten Fluß Andalusiens folgend, denn unser heutiges Ziel heißt Córdoba, das uns mit heißer Sonne und herrlichen Gässchen, weißgekalkten Häusern und vielen Blumen empfängt. Besonders die Innenhöfe der Häuser, die Patios, sind mit herrlichen Kacheln und Unmengen Blumentöpfen geschmückt. Córdoba ist eine der ältesten Städte des Landes, die Stadt des Geistes und der Kultur. Unter arabischer Herrschaft wurde Córdoba im 10. Jahrhundert die bedeutendste und größte Stadt auf westeuropäischem Boden. Nur die Millionenstädte Byzanz und Bagdad konnten sich mit ihr messen.

 

Wir durchschlendern die jüdischen und arabischen Viertel und finden dann in einem schönen Innenhof ein Lokal, das uns zum Mittagessen geradezu einlädt. So gestärkt besuchen wir die Hauptsehenswürdigkeit der Stadt, die ehemalige Moschee „La Mezquita“, vor der auch wieder Massen von Besuchern aus aller Welt auf den Eintritt warten. Diese Moschee zählt wegen ihrer prunkvollen Ausstattung mit den Moscheen von Damaskus und Kairo zur wertvollsten des frühen Islam. Sie wäre heute, nach der großen Moschee in Mekka, die zweitgrößte der Welt. Ich hatte zwar einiges darüber gelesen und auch Fotos gesehen, aber als ich dann in der Moschee stand, war ich schlichtweg sprachlos angesichts von 829 hohen Säulenbögen, durch die ein wunderbares Licht fiel. Was für eine Atmosphäre, was für eine Ausstrahlung! Auch hier fehlen mir die Worte, dieses Meisterwerk auch nur annähernd treffend zu beschreiben, man muß es mit eigenen Augen sehen. Entsetzt war ich dann allerdings von der Kathedrale, die man im Zuge der Inquisition mitten in diese Prachtmoschee hineingebaut hat. Auf der einen Seite die prachtvolle Schlichtheit der Moschee, auf der anderen Seite der Prunk und Goldprotz einer katholischen Kathedrale. Das tat richtig weh! Aber unter dem Aspekt, daß man sonst die ganze Moschee niedergerissen hätte, um hier diese Kathedrale zu bauen, kann ich diese Verunstaltung akzeptieren. Die Kathedrale wäre als eigenständiges Bauwerk sicher auch sehr gelungen, aber nachdem man beschlossen hatte, nach jahrhundertelangem friedlichen Zusammenleben von Christen, Juden und Moslems, nun nur noch Katholiken zu dulden und die übrigen zu vertreiben oder zu ermorden, konnte natürlich ein rein maurisches Gotteshaus nicht geduldet werden. So wurde also die unwahrscheinlich schöne Moschee durch die Kathedrale „verhunzt“.

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Wir verließen das schöne Córdoba und fuhren nun nicht mehr durch Olivenhaine, sondern durch fruchtbares Ackerland mit Getreide- und Gemüsefeldern voller Kartoffeln und Bohnen durch eine sanft hügelige, weite Landschaft zu unserem Campingplatz „La Carlota“.

 

Auch der nächste Morgen ist frisch und sonnig. Bald sind wir wieder unterwegs und fahren durch flache Ackerlandschaft mit dünner Besiedelung nach Sevilla, dem nächsten Höhepunkt der Reise. Sevilla ist die Hauptstadt Andalusiens mit 750.000 Einwohnern und wird als „Bratpfanne Andalusiens“ bezeichnet. Es empfängt uns mit 33° Hitze. Unser Campingplatz liegt 20 km außerhalb der Stadt genau am Flughafen. Direkt hinter unserem Rotel ist die Flughafenmauer, und als das erste Flugzeug vielleicht 10 m über uns zur Landung herandonnerte, waren wir zu Tode erschrocken. Nach einer Weile hatten wir uns auch daran gewöhnt und fanden es sogar witzig.

 

Mittags fuhren wir nach Sevilla hinein, stiegen am Torre del Oro, dem Goldturm, aus und liefen dann mit unserem hiesigen Führer Rafael, zu Fuß durch die Straßen, denn hier ist dank des allgegenwärtigen Verkehrs kein Durchkommen mit dem Bus. Zuerst besichtigten wir den Alcázar, der ursprünglich das Königsschloß der maurischen, später der christlichen Herrscher war. Zum letzten Mal konnten hier maurische Baumeister ihre Kunstfertigkeit beweisen. Ich kann nicht sagen, welches der bisher gesehenen Prachtgebäude das Schönste war, jedes Mal dachte ich, so etwas Schönes habe ich noch nie gesehen. Fest steht für mich nach der Reise jedenfalls, daß mir die maurische Baukunst von allen Baustilen, die ich bisher kennengelernt habe, am allerbesten gefällt, weil es nirgends Protz und Goldkitsch und überladene Gemälde gibt. Im Islam gibt es ja keine figürlichen Darstellungen von Seelenwesen und schon gar nicht von Gott. Das finde ich sehr einleuchtend. Auch hier beim Alcázar befindet sich ein wunderschöner Garten, als Oase der Ruhe und Einkehr gedacht.