An der Grenze zu Utah mußten wir die Uhren wieder um eine Stunde vorstellen, denn hier gilt Mountain Time. Amerika hat vier Zeitzonen von Ost nach West mit einer Entfernung von 5000 Kilometern. Von Europa nach New York ist es genau so weit wie von New York bis Los Angeles. Für uns sind solche Dimensionen kaum zu glauben.

Utah ist der Mormonenstaat mit dem Zentrum Salt Lake City. Bis dorthin kamen wir aber nicht. Die Mormonen sind sehr strenggläubig, und man bekommt nirgends Zigaretten und Alkohol. Ich war froh, daß ich mir rechtzeitig das Rauchen abgewöhnt hatte, denn hier wäre es mir sehr unangenehm gewesen, zumal ich die einzige Raucherin im ganzen Bus gewesen wäre.

Der erste Utah-Ort, den wir durchfuhren, gefiel uns sehr, weil hier lauter gemütliche, kleine Häuser standen, die von blühenden Obstbäumen eingerahmt wurden. Auf den Koppeln grasten Stuten mit ihren Fohlen, und der Frühling hatte Einzug gehalten. Was für ein schönes Bild!

Dann fuhren wir noch eine ganze Weile durch völlig unbesiedeltes Gebiet mit hohen, teilweise schneebedeckten Bergen rechts und links der Straße, bis wir schließlich in den 800 qkm großen Zion-Nationalpark einfuhren. Unser Campingplatz befand sich in 1300 m Höhe, aber es war nicht kalt. Wir befanden uns inmitten einer herrlichen Szenerie aus blühenden Aprikosenbäumen, aus Bergen und riesigen Felsbrocken aller Formationen und Farben.

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Hier mußten wir einfach noch einen Spaziergang machen, zumal der Virgin River durch dieses Tal verläuft. Am Abend stellte ich eine dicke Blase an der Ferse fest. Na, gleich beim ersten Spaziergang, ob das ein schlechtes Omen war? Es sollte doch eine Wanderreise werden laut Programm.

Am nächsten Morgen sollten wir zum ersten Mal unsere Wander- oder Bergschuhe anziehen, um im Zion Nationalpark einen Höhenunterschied von etwa 500 Metern zu bewältigen. Bei Sonnenschein starteten wir also und liefen auf einem gut befestigten Weg Richtung Sonne, also nach Osten. Teilweise wurde der Weg ganz ordentlich steil und verlief in engen Serpentinen, und mir wurde ganz schön warm vor ungewohnter Anstrengung. Ich war Anfang April noch gar nicht trainiert - aber am Ende der Reise war ich dann topfit. Wir bestaunten die ständig wechselnden, abenteuerlichen Ausblicke, die unglaubliche Vielfalt an Formationen und Farben der Felsen, die steil abfallenden Wände, die zum Teil überhängen und die fortschreitende Erosion an diesen Sandstein- und Granitfelsen. Als wir oben ankamen, waren wir von der Aussicht um uns herum einfach überwältigt. Tief unter uns floß der Virgin River in seinem engen Tal, und die Felswände fielen senkrecht ab. Man mußte sich unwillkürlich festhalten, weil man sonst das Gefühl hatte, hinabgezogen zu werden. Wir liefen auf dem Bergrücken entlang, und es gab unendliche Möglichkeiten, zu laufen und immer wieder Neues zu entdecken. Die verschiedenen Formen der Verwitterung faszinierten mich total, besonders solche, die in flachen, schmalen Scheiben erfolgten, anders kann ich das nicht beschreiben.