Wir sehen einige Vögel, hören diese aber viel mehr. Es gibt viele Tukane, Eisvögel, Rabengeier und zahllose Singvögel. Hier leben Anacondas und Jaguare, Flussdelphine, Kaimane und auch der grösste Süsswasserfisch der Welt, der Arapaima, der über drei Meter lang und 150 kg schwer werden kann, und der als Speisefisch sehr begehrt ist. Viele Schlangen leben hier und Ameisen in allen Varianten sind allgegenwärtig.

Zurück in der Lodge gibt Heinz uns das Programm der nächsten Tage bekannt. Anschliessend streifen wir ein bisschen durch diese schöne Gartenanlage, lauschen den vielen Singvögeln und staunen über die Kolibris. Es gibt hier auch einen Naturpool mit fast schwarzem Wasser, es sieht aus wie Schwarztee. Bei der Rezeption und im Bereich des Freiluftrestaurants hält sich fast immer ein grosser wunderschöner roter Ara auf. Hier hängt ein Schild „Parrott crossing" (Papagei kreuzt). Erst hielten wir das für einen Witz, aber nachdem der rote Ara und auch die kleineren grünen Amazonenpapageien dauernd über unsere Köpfe rauschten, bekam das Schild seinen Sinn. Diese Vögel leben völlig frei, nehmen aber das Nahrungsangebot der Lodge sehr gerne an und klauen den Gästen Früchte oder Brot vom Teller.

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Auch ich bin inzwischen sehr hungrig, muss aber bis zum Abendessen um 19.30 Uhr warten. In meinem Häuschen öffne ich die Läden und schaue auf den Urwald direkt vor mir. Es ist Primärwald, der nie von Menschenhand verändert wurde. Um 18.00 Uhr ist es dunkel, um 6.00 Uhr morgens geht die Sonne auf. Jahreszeiten gibt es nicht, nur Regen- und Trockenzeit. Die Geräuschkulisse ist jetzt umwerfend, denn nun haben die Tiere der Nacht ihren Auftritt. Und da es geregnet hat, geben nun auch die vielen Baumfrösche ihr lautstarkes Konzert. Diese Frösche leben fast ausschliesslich auf den Bäumen, die in den höheren Etagen voller Bromelien und anderen sogenannten Aufsitzerpflanzen bewohnt sind. In diesen Pflanzen sammelt sich Wasser. Das reicht den Baumfröschen zum Leben und für Ihren Nachwuchs.

Nach dem leckeren Abendessen im Freiluftrestaurant lege ich mich nach 44 Stunden „Auf den Beinen" ins Bett, lausche noch ein Weilchen der Urwaldserenade und wache nachts vom starken Regen auf, der auf das Dach prasselt. Morgens ist es frisch und unerwartet kühl. Im Bad finde ich einen fetten Monsterkäfer oder vielleicht gehört das etwa 8 cm lange Viech auch zu den Schaben. Es ist dunkelbeige und hat einen hohen runden Rücken, es sieht fast wie ein Mini-Gürteltier aus. Ich finde es allerdings nicht sehr lustig und viel zu eklig, um es zu erschlagen. Also hoffe ich, dass es sich bei Licht von alleine verzieht.

Nach einem wunderbaren Start in den Tag mit frischen Tropenfrüchten und Papageien, Kolibris und Schmetterlingen steigen wir in eine Gaiola, ein typisches Amazonasboot, und starten in Richtung Manaus. Es ist ein herrlicher Morgen, sonnig und heiss, aber unser Boot ist hoch und überdacht, und der Fahrtwind kühlt sehr angenehm. Jetzt sind wir wieder fit und unternehmungslustig, geniessen den Wald rechts und links und das in der Morgensonne glitzernde Wasser. Wir freuen uns, dass wir die Strapazen der Anreise hinter uns und aufregende und erlebnisreiche Tage vor uns haben.

Langsam nähern wir uns den ersten Häusern von Manaus. Am linken Ufer stehen die Luxusvillen der Reichen und modernste Hochhäuser, deren Penthousewohnungen locker eine Million Euro kosten. Entsprechende Jachten liegen davor im Wasser in Garagen. Wir sehen aber auch die Favelas, die Elendsviertel, die es hier auch noch gibt, allerdings längst nicht so viele wie in anderen Städten Brasiliens. Heinz erzählt uns die Geschichte der Stadt und ihren heutigen Stand. 1970 hatte Manaus 350.000 Einwohner, heute sind es schon zwei Millionen. Es gibt viel internationale Industrie hier, vor allem werden japanische Motorräder gebaut, von denen Jahr für Jahr Millionen in alle Länder verschifft werden. Manaus hat als Freihandelszone Investoren aus aller Welt angelockt.

Dann kommen wir zum Rio Negro und unser Seitenarm mündet in diesen gigantischen Fluss. Ich bin total überwältigt von dem Anblick dieser Wassermassen. Der Rio Negro ist hier 12 km breit und glitzert in der Sonne. Schiffe aller Art einschliesslich Ozeandampfer und Tanker fahren darauf und es sieht einfach gigantisch aus. Ich kann kaum glauben, dass es ein Fluss ist, der erst einige Kilometer weiter östlich mit dem Rio Solimoes zusammenfliessen und dann noch viel breiter sein wird. Ich stand an der Reling und war völlig fasziniert und beeindruckt. Das fand ich weitaus imposanter und grandioser als den Baikalsee, der einem einfach wie ein Meer vorkommt. Aber hier dieser Riesenfluss voller Leben war einfach umwerfend.