Stahlgebiss und ungeklärte Todesfälle
 
"Zu zweit auf einer einsamen Insel", das lösst bei vielen romantische Gedanken aus.
An die Problematik der potentiellen Zahnschmerzen wird dabei selten gedacht. Was macht man, wenn der nächste Zahnarzt mindestens tausend Meilen Seeweg entfernt ist, und das
nächste Schiff in drei Monaten kommt ? Der deutsche Auswanderer Dr. Friedrich Ritter, der 1929 mit seiner Geliebten Dore Strauch die Insel Floreana erreichte, beugte vor: er liess sich vor der Reise alle Zähne ziehen und ein Stahlgebiss zur gemeinsamen Benutzung war im Reisegepäck. Drei Jahre nach Ritter und Strauch, die sich als „Adam und Eva auf Galapagos“ feiern liessen, erreichte das Kölner Ehepaar Rolf und Margret Wittmer die Insel Floreana. Ein halbes Jahr später kam noch "die Baronin" Wagner-Bousquet mit einer Gefolgschaft von (mindestens) zwei Liebhabern, über die sie mit Reitpeitsche und Pistole herrschte, und die den anderen Inselbewohnern die von Schiffen gelieferten Nahrungsmittel stahl. Zwei Jahre später verschwand die Baronin samt einem ihrer Liebhaber spurlos, der andere wurde später tot auf der Insel Marchena gefunden, und der Vegetarier Dr. Ritter verstarb kurz darauf an Fleischvergiftung. Die Ereignisse gingen damals durch die Weltpresse und konnten nie aufgeklärt werden. Nachfahren der Familie Wittmer betreiben heute eine kleine Pension auf Floreana und ein Reiseunternehmen. In den Bergen, nahe einer der wenigen Süsswasserquellen der Insel, sind noch die Piratenhöhlen zu sehen, in denen die Wittmers einst nach ihrer Ankunt zunächst Unterschlupf fanden.  

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In dem kleinen Souvenirlädchen der Wittmers, dessen Wände Bilder des Kölner Domes zieren, decken wir uns mit Postkarten ein, denn unser nächstes Ziel ist die Post Office Bay.
Dort steht ein hölzernes Postfass mitten im Nirgendwo. 1783 wurde ein solches zuerst von den Walfängern aufgestellt. Vorbeikommende Schiffe nahmen die Post in ihre Fahrtrichtung mit, und liessen eigene dort. Die Tradition lebt bis heute weiter, und das Fass erfreut sich nun grosser Beliebtheit unter den Touristen, die Grusskarten einwerfen und andere aus dem Holzfass mit nach Hause nehmen.  Margret Wittmer fand einst einen Brief im Postfass, der sich am Boden verklemmt und 22 Jahre dort gelagert hatte. Wir hoffen, dass unsere Post schneller ihr Ziel erreicht.   
 
Knapp 100 Jahre vor den deutschen Auswanderern, 1835, bekam die Insel Floreana einen sehr bekannten britischen Besucher: den bereits erwähnten Charles Darwin. Insgesamt fünf Wochen verbrachte er auf dem Galapagos-Archipel und sammelte Pflanzen und Tiere. Die 13 auf Galapagos vorkommenden Finkenarten mit ihren unterschiedlichen Spezialisierungen gelten heute als Paradebeispiel Darwinscher Evolution. Sie zeigen die verschiedensten Schnabelformen; spitze zum Insektenfressen, breite Schnäbel für Samen. Zwei Finkenarten benutzen Stöckchen als Werkzeug, um nach Insekten zu stochern. Eine Unterart der Spitzschnabel-Grundfinken schliesslich ist zu Vampiren geworden: Auf der Insel  Wolf, wo es kein Süsswasser gibt, picken die Finken den Tölpeln die Haut auf und trinken deren Blut. Der Tölpel denkt derweil, dass er von Ungeziefer befreit wird (vermutet man zumindest; wer weiss schon, was der Tölpel wirklich denkt...).