Im Norden des Galapagos-Archipels liegt die Vogelinsel Genovesa. In der Darwin Bucht gehen wir vor Anker. Steile graue Klippen verhüllen den Blick in das Inselinnere. Über und über mit weissem Vogelkot bedeckt, erinnern sie an eine Winterlandschaft. Die steilen Prinz-Phillip-Stufen führen zum ersten Besucherstandort. Eine Gabelschwanzmöve sitzt gelassen auf einer der Stufen,  und rührt sich nicht vom Fleck, während 10 Leute direkt an ihr vorbeistapfen. "Das Tier muss wohl krank sein", wundere ich mich noch, bevor mir wieder einfällt, dass ich auf Galapagos bin. Ohne natürliche Feinde zeigen die Tiere wenig Scheu. Etwa 20 steile Stufen geht es hoch, und dann - ploppph - sackt die Kinnlade herunter. Vor mir ein weiter offener Raum, umgeben von Sträuchern, und überall sind Vögel!  Gleich links von mir in den Sträuchern hocken Fregattvogel-Jungtiere in ihren Nestern. Gleich rechts am Wegesrand tapsen junge Tölpel, und überall sind weitere Tiere. Meine Hand fummelt frenetisch an der Kamera-Tasche, während das eine Bein nach rechts, das andere nach links spurten will und die Augen unruhig hin- und herhüpfen. „Schnell ein Bild, bevor die unwirkliche Szene wieder verschwunden ist“, ist der erste Gedanke, bevor mir klar wird, dass alles real ist, und kein Grund zur Eile besteht.
 
Es wimmelt von Tölpeln rechts und links des Weges und man läuft einfach so an ihnen vorbei. Es soll auch immer mal wieder vorkommen, dass ein Tölpel sein Nest geradewegs mitten auf den Weg baut (was böse Zungen dazu veranlasst hat zu behaupten, die Tiere würden ihren Namen zu Recht tragen). Die Blaufusstölpel mit ihren intensiv-blauen Füssen findet man auf jeder Insel des Archipels, aber die grössten Bestände an Rotfusstölpeln gibt es auf Genovesa.

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Die Vögel brüten hier das ganze Jahr über, und so tapsen Jungtiere allen Alters durch die Gegend; grosse schwarze Kulleraugen zwischen weichem, weissen Flaum, die drollig in die Weltgeschichte schielen. Doch es ist nicht alles Eitel-Freude-Sonnenschein im Vogelreich. „Hier stimmt was nicht“, rufen Mitreisende unsere Reiseleiterin herbei. Zwei ältere Tiere hacken auf ein Jungtier ein, und sein Nacken ist schon ganz blutig. Das ist leider nicht ungewöhnlich. Immer mal wieder kommt es vor, dass ältere Tiere ein Jungtier missbrauchen, oder der ältere Nachwuchs das jüngere Geschwisterchen aus dem Nest drängt. Akte der Luftpiraterie spielen sich derweil über der Darwin Bucht ab, wo Fregattvögel im Fluge den Tölpeln ihren Fang abjagen.