Unter einem hauchdünnen Laken habe ich prima geschlafen, aber am Morgen ist es pullikühl bzw. angenehm frisch. Nach einem traumhaften Frühstücksbüffet creme ich mich gut ein mit Sonnenschutz, schnappe Hut und Kamera und klettere als erstes auf die Düne. Das ist gar nicht so leicht, denn die Düne ist sehr steil und sehr hoch. Bei jedem Schritt rutsche ich ein Stück zurück, aber schliesslich bin ich doch oben und habe einen tollen Blick über die ganze Anlage, die Stadt und die vielen hohen Dünen rings herum.

Der Wind bläst hier oben ganz ordentlich, und da ich frisch eingecremt bin, sehe ich im Nu wie paniert aus. Ich rutsche und laufe die Düne wieder runter und spaziere gemütlich durch diese schöne Anlage, wo viele dienstbare Geister dabei sind, die Tiere zu versorgen, den Rasen zu mähen und die Bäume und Blumen zu sprengen. Die beiden grossen Papageien sitzen heute Morgen in einem anderen hohen Baum und kreischen markerschütternd. Sie kommen schliesslich immer tiefer und klettern dann in einen kleinen, aber sehr blattreichen Baum. Diese Blätter schmecken ihnen offenbar. Es sind herrliche Tiere, die ich über eine Stunde beobachte und schöne Fotos machen kann.

Einige der schönen Kardinalsvögel sehe ich auf den Kakteen sitzen, etliche Kolibris schwirren herum, und die Kois suchen laut schmatzend an den Teichufern nach Futter. Die üppigen Bougainvilleen prunken in der Morgensonne, und es gefällt mir hier so gut, dass ich am liebsten eine Weile bleiben würde. Mit Grauen denke ich an den verlorenen Tag, den wir in Lima haben werden und an den baldigen Heimflug und die vielen Stunden der Warterei in den Flughäfen. Umso mehr geniesse ich jedoch die Gunst der Stunde. Hier kann man es gut aushalten.

 

Hier ist jetzt Ende des Sommers, das heisst, die Zeit der Weinlese ist gekommen. In Körben und Kisten werden die zuckersüssen Trauben zur Presse gebracht. Der Saft läuft dann von einem Becken ins nächste, bis er in Tonkrüge (Amphoren) abgefüllt wird. Wir können den ganzen Werdegang vom Traubensaft über die Destillation bis hin zum verkaufsfertigen Pisco anschauen. Und dann wird natürlich degustiert. Mindestens 6 – 8 verschiedene Pisco-Varianten werden uns angeboten, aber ich werde einen Teufel tun, bei dieser Affenhitze um die Mittagszeit Schnaps zu trinken. Die anderen machen fleissig mit und vertragen das auch.

Anschliessend gehen wir in die Bodega nebenan, wo wir zu Mittag essen zu lauten Karibikklängen. Hier besprechen wir auch das Programm für den nächsten Tag, an dem der fakultative Flug zu den berühmten Nasca-Linien angesagt ist. Diese riesigen Scharrbilder in der Wüste sind bis zu 300 Meter gross und nur aus der Luft zu erkennen. Sie sind eine Hinterlassenschaft der Nasca-Kultur und sollen ca. 1800 Jahre alt sein. Bis heute haben sich Wissenschaftler aus aller Welt an diesen Scharrbildern die Zähne ausgebissen und das Rätsel ihrer Bedeutung ist nach wie vor ungeklärt.