An einem Strandabschnitt wird auf einer großen Tafel eindringlich vor dem Baden gewarnt wegen der heftigen Unterströmungen. Das muss die Stelle sein, von der der Captain gestern schmunzelnd erzählte: Ein Mann wollte seine ungeliebte Gattin loswerden, schickte sie an dieser Stelle ein Stück ins Meer, um ein Foto von ihr zu machen – bat sie, noch einen Schritt weiter raus zu gehen, und noch einen und noch einen . . . . bis die Strömung ihr die Füße wegriss. Legende oder wahre Begebenheit? – Keine Ahnung, aber eine witzige Geschichte, wenn man mal vom Schicksal der armen Frau absieht.
Bei meinem ersten Stopp sehe ich Jörg und Christian angeradelt kommen. Gemeinsam beobachten wir einen Flughund über unseren Köpfen. Durchs Fernglas kann man schön die durchscheinende Haut seiner Flügel erkennen. Dann lasse ich die beiden weiterfahren und gehe selbst lieber ein Stück zu Fuß, weil die Strecke so ein traumhaftes Panorama bietet.
Plötzlich endet die Straße in Bergen von Felsbrocken. – Schade. Ich hatte gehofft, um die Nordspitze der Insel herum – und wieder südwärts radeln zu können. Nach einer kleinen Rast au bout du monde kehre ich um und treffe kurz vor La Passe Heidi und Werner, die sich mit ihrer Fotoausrüstung gerade um ein dekoratives Loch in einem Felsen kümmern.
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Zufällig finde ich in Hafennähe den asphaltierten Abzweig nach Grande Anse auf der andere Inselseite. Wieder treffe ich Richie, der die Gegend schon zu Fuß erkundet hat und von einem Waisenhaus berichtet und dass die Straße nach Grande Anse sehr steil bergauf gehe. Nichts für meine Raucherlunge, denke ich, fahre aber erstmal los, vorbei an kleinen Wohnhütten mit privaten Bananenplantagen, offenen Straßenkaffees, Tischen am Straßenrand, wo jemand frisch gepresste Obstsäfte anbietet. Auf der Strecke kommen mir Radfahrer entgegen, die sich, einhändig lenkend, ein Surfbrett unter den Arm geklemmt haben. Bergauf ist das natürlich etwas mühsam, aber die Jungs scheinen das gewöhnt zu sein und schnaufen nicht einmal. Auch ich muss kaum schnaufen, denn die paar Hügelchen sind gut zu bewältigen. Am höchsten Punkt der Bergstraße angekommen, kann ich durch die Bäume bereits wieder das Meer sehen. Doch es ist bereits 16.15 Uhr, und um 17.00 Uhr haben wir uns am Hafen verabredet. Jetzt bedaure ich es, nicht gleich diese Straße genommen – und die andere Inselseite besucht zu haben. Ich kehre ich um und gehe noch ein Stück zu Fuß. Es ist einfach zu schön hier, um einfach vorbei zu radeln. Rechts und links alles grün, dichtes Gestrüpp aus Palmen und Unterholz zwischen Granitfelsen.