Am Ziel und gleichzeitig am Ursprung einer Reise
Erst im Dunkeln, völlig erschöpft – du wolltest ja das Mitnahmeangebot eines Ausflugbootes auf den letzten 26 Kilometern nicht annehmen – erreichst du Luangprabang. Auch hier wird die Dunkelheit ebenso gefürchtet wie das Meer, Seen und Flüsse. Gegen Nacht- und Wassergeister helfen Lärm und Licht. Wo Muezzin-Gebrüll vom Minarett oder die nächtlichen Gongs der buddhistischen Mönche nicht praktiziert werden, sorgen Karaoke-Bars mit Straßenbeschallung oder extra laut gestellte Bootsmotoren für den nächtlichen Lärm. Ja, denkst du, es gibt einen janusköpfigen Wassergeist. Er ist bereit, den organischen Müll der Menschen in seinen Flüssen zu schlucken, schleudert ihnen aber ihr Styropor und Plastik an die Küsten zurück. Das erinnert an Trapperstationen im hohen Norden. Wie in einer Müslipackung immer die Rosinen und Nüsse nach oben geschüttelt werden finden sich hier Knochen und Sargteile an der Erdoberfläche. Ein Friedhof im Permafrostboden, der zyklisch gefriert und taut, ist keine gute Idee. Ebenso Styropor als Verpackungsmaterial.
Du bist am Ziel deiner Reise, gehst in eine Herberge, in der du nicht lange bleiben wirst. Du stiegst selten irgendwo für länger als für eine Nacht ab, wie jemand, der eine Reise völlig ziellos immer weiter fortsetzt, sich tagaus tagein nur treiben lässt. Die Bewegung des Suchens wird zum Selbstzweck, das Gesuchte gleichgültig. Du bist ein Schnellreisender, weil du auf Freakshows stehst. Der eigentliche Freak bist du. Wie sonst ist zu erklären, dass ausgerechnet jene Gasthäuser, die du in Reiseführer auswählst, bei deiner Ankunft gar nicht mehr existierten? Wie kann man nur deshalb Vegetarier werden, um das lästige Studieren von Speisekarten zu verkürzen? Ist es nicht freakhaft in Südostasien plötzlich auf Blondinen abzufahren? Du trinkst keinen Alkohol und wo du auch hinkommst, du hältst dich überall ein wenig abseits auf, beobachtest nur.
Du wählst derart spartanische Hotels aus, dass sich nicht nur der Besitz eines Universal-Stöpsels und eines Stromadapters, der aus einer Glühbirnenfassungen Steckdosen macht, bewährt, sondern auch das Mitführen von Nägeln, um diese als Kleiderhaken in die Wand zu schlagen. Dielen knarren in den oberen Etagen. Alles kahl und verstaubt, zerrissene Spinnweben im Türrahmen und vom Türsturz rieselt der Staub. Keine Fliegengitter. Die Toilettenspülung funktioniert nicht und die Dichtungen sind defekt, auch Papier und Handtücher fehlten. Aus keinem der Hähne kommt Wasser. Auf dem weißen Porzellan der Klosettschüssel sind rostrote Ringe, an denen man sieht, wie die Brühe, die einst in dem Becken gestanden hatte, langsam ausgetrocknet war.