Übler noch die speckigen Kopfkissen und Schlafmatten, deren Fauna unter den schmierigen Laken zuckt, ein Biotop inklusive Flohstich-Souvenirs. Willst du dich waschen, musst du die Dunkelheit abwarten, um dich dann im winzigen, feuchten Hof umzuziehen, und Wasser mit einer Schüssel über den Kopf zu schütten. Im Halbdunkel deines Zimmers ist kaum etwas zu erkennen, nur, dass es einem Taubenschlag ähnelt. Dein Kopf stößt fast an die Decke. In diesem Raum kann man sich nur hinlegen. Der Spiegel über dem Waschbecken ist zerbrochen – er wirft ein schiefes, zerschnittenes Gesicht zurück, eine Dämonenfratze. Die Rezeptionisten sehen diesem Gesicht an, es will das billigste Zimmer, genau so wie der Mann vom Motorradverleih ahnt, du willst die älteste Mühle, nur um noch zwei Euro zu sparen. Der Vorteil: Du wirst nur noch selten betrogen, zu abgebrüht wirkt deine Visage selbst auf den fiesesten Halsabschneider vor Ort. An Orten mit derartigen Erkenntnissen wünschst du dir am dringendsten ein Fenster und dahinter einen freundlichen Raum und jemanden, den du lieben kannst und der dich liebt, das wäre genug, alles andere wäre vergeblich und falsch. Die Seligkeit, sich geliebt zu fühlen, mildert jeden Schmerz. Stattdessen diese Absteigen, in denen selbst unsensible Männer begreifen, warum Frauen, nicht in jedem Loch Wollust empfinden können. Absteigen, durch deren Korridore die Insassen beschämt mit gesenktem Kopf huschen.

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Also nimmst du beim nächsten Mal ein besseres Hotel. Die meisten der Gäste sind dunkelgesichtige Männer mit aus der Mode gekommenen Kleidern oder affektierte Bürschchen mit grellen Hemden und ihre Flittchen, übertrieben geschminkt mit Glitzerschmuck behängt. Nur keinem Bekannten begegnen! Nur niemanden kennen lernen, den man wiedersehen könnte. Eigentlich egal. Man trifft beim Reisen ohnehin keine Geistesgrößen. Stattdessen diese Fragen, die man meiden sollte: Wo kommst du her? Wohin gehst du? Was ist dein Job? Wie lange bleibst du? Mit der letzteren will man herausbekommen, ob ein Gespräch mit dir überhaupt lohnt. Am Bahnsteig oder Flug-Gate sucht man ja auch keinen Freund fürs Leben.

Nach 11 Stunden in einem Flieger voller Thrombose-Strumpf-Träger, zurück im Land der Graupelschauer und ignorierender Blicke, dass deine überteuerte Heimat ist, stehst du vor deiner Wohnung und weigerst dich minutenlang aufzuschließen. Drinnen kramst du ein paar Ansichtskarten hervor, adressierte sie an drei auf der Reise liebgewonnene Menschen: „Grauenvolles, Essen, doofe Leute, mieses Wetter, kein Meer. Hier bleibe ich nicht lange. Grüße aus München.“

Robert Mohr, Vientiane/München 2009