Vor der Anreise nach Batang Ai hatten wir deshalb in einem Dorf nach Gastgeschenken gesucht. Tom empfahl uns, Schulhefte und Stifte zu besorgen. Als wir in einem Geschäft danach suchten, fragte der Ladeninhaber gleich zurück: "Wie viele Türen?" Etwas irritiert frage ich, was ein Gastgeschenk mit der Anzahl von Türen zu tun? Dabei ist die Erklärung ganz einfach:
Wir wohnen zwar nur bei einer Familie (die übrigens der Häuptling bestimmt, damit alle mal in den Genuss eines Zubrots kommen), aber zu Gast sind wir schließlich bei allen Familien des Langhauses. Sie wohnen Tür an Tür nebeneinander, jede Familie hat ihre eigene Wohnung, aber alle gehören schließlich zur community, der Dorfgemeinschaft, und jede Familie hat Anspruch auf ein kleines Geschenk. Vereinfacht wird das Schenken allerdings dadurch, dass die Gaben dem Häuptling gesammelt übergeben werden, der sie dann später verteilt an seine „Untertanen“ verteilt.
Wir kaufen also einen Packen Schulhefte samt Bleistiften und Anspitzern. Zusätzlich hat Regine noch ein Meridian-Heft über Dresden mit vielen bunten Bildern mitgebracht und ich zwei Malbücher mit Buntstiften und 3m bunt bedruckten Stoff, den ich vor Jahren auf den Komoren gekauft hatte, um daraus einen Pareu oder Sarong zu machen.
Als wir im Dorf an Land gehen, werden wir von einer verwitterten Holzfigur begrüßt, die mich stark an einen Moai Kava Kava der Osterinsel erinnert. Während der wenigen Schritte durch die Dorfstraße machen die wackeligen, mit Wellblech gedeckten Gebäude einen etwas trostlosen Eindruck auf mich. Bei starkem Regen dürfte hier mit Schlammlawinen zu rechnen sein.
Wir betreten "unser" Langhaus durch eine kleine Holzpforte – die Schuhe werden draußen abgestellt - und laufen barfüßig zur Wohnung unserer Gastgeber, vorbei an Kunsthandwerk, das die Frauen auf dem hölzernen Boden auf Matten ausgebreitet haben – wohl die zweite Einnahmequelle, wenn Touris zu Besuch kommen. Verständigung mit ihnen ist zunächst nicht möglich, nur Lächeln und Händeschütteln. Später werden Álong und Tom Dolmetscherdienste leisten.
Die Wohnung unserer Gastgeber besteht hauptsächlich aus 2 Räumen – einem Wohnzimmer, dessen Mitte frei ist. Am Rand stehen ein paar Stühle und Sessel, eine Kommode und der unvermeidbare Fernseher, der hier aber nicht eingeschaltet ist. Tagsüber gibt es eh keinen elektrischen Strom, und so schläft die Glotze unter einem Häkeldeckchen.