Frachtsschiff-Reisen, Containerschiff von oben

Da unter der Gangway ein Netz gespannt war, als Vorsichtsmaßnahme für die eventuellen Fehltritte der Passagiere, fasst ich Mut, ich habe immer etwas Mut für Notfälle dabei, und mein Gepäck und erklomm die Gangway. Oben angekommen rief ein Crew-Mitglied über Funk den 3. Offizier. Er ist für die Passagiere zuständig. Opernnamen-  und TV-Traumschiff Eindrücke adé. Ein Russe im beige-farbigem, nicht mehr ganz sauberen Overall mit Helm und mit Kreuzstichen geflicktem Parker. Ich hatte zuvor Bedenken ob mein eingerostetes English ausreichen wäre. Als ich ihn reden hörte wusste ich, dass diese Bedenken unbegründet waren. Er hieß Alexander und wurde später der Offizier mit dem ich den meisten Kontrakt hatte. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir in den 3. Stock, hier heißt es Deck. Er zeigte mir meine Kabine, auf einem Frachtschiff heißt sie Kammer. Es war die Owner-Kammer. Riesig groß mit Doppelbett, Schreibtisch plus Stuhl, Coach, Coachtisch, Sessel, Kühlschrank, Klimaanlage, Fernseher, DVD-Player und Dusche mit Haltegriffen und Sitzgelegenheit. Bildern und Spiegel, Fußmatte mit dem Logo der Reederei sowie Gläser und Geschirrtuch. Sogar ein Klappbett (Pullmann-Koje) für Besuch ist vorhanden. Zwei Fenster (Bullaugen), eines zum öffnen, mit unversperrtem Blick nach draußen. Es war 7:30 Uhr und Zeit fürs Frühstück. Also lies ich mein Gepäck auf der Kammer und Alexander zeigte mir die Offiziersmesse wo ich zusammen mit den anderen Offizieren meine Mahlzeiten einnehmen sollte.

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Er zeigt mir meinen Platz. Jeder hat hier seinen festen Platz, entsprechend dem Ranking auf der Crew-Liste. Passagier ist hier der unterste Rang, denn der wird für den Betrieb des Schiffes absolut nicht gebraucht. Die Messe ist ein Raum mit mehreren Tischen mit weißen Stofftischdecken den entsprechenden Stühlen und einer Buffett-Anrichte. Durch die Bullaugen kam etwas Tageslicht aber der Blick nach draußen war durch Container verstellt. Gleich nebenan die Kombüse (Küche). Mein Platz war noch besetzt von dem Passagier, ein Amerikaner, der von Brisbane nach Singapur mitgefahren war. Man kann auch Teilstrecken buchen. Nach dem Frühstück verließ er das Schiff und ich stellte fest, dass ich der einzige Passagier war. Na toll, mit wem sollte ich da reden.7 Wochen ohne Kumpel. Ich hatte mir extra ein Schiff mit zwei Passagierkammern ausgesucht damit ich nicht ganz so alleine bin. Im besten Fall wären wir zu dritt gewesen. Bereits vor Antritt der Reise hatte ich mich erkundigt. Die andere Kammer war reserviert und nicht mehr frei gewesen. Aber halt nicht für die gesamte Reise. Dazu später mehr. Da heute Sonntag war gab es aufgebackene Brötchen. Grau-, Schwarz- und Toastbrot gab es täglich. Auf der Anrichte waren Wurst, Käse, Marmelade und Säfte. Ein kleines Buffet halt. Zusätzlich gab es etwas warmes wie Frühlingsrolle, Eier on Request. An der Kombüsentür hing ein handgeschriebener „Menüplan“ mit den Köstlichkeiten auf die man sich im Laufe des Tages freuen konnte. Laut Kapitän verbringen die Passagiere die meiste Zeit damit auf die nächste Mahlzeit zu warten. Apropos Kapitän. Als ich mein noch warmes Brötchen mit Butter bestrich kam der Kapitän in die Messe und begrüßt mich mit „Sie müssen der neue Passagier sein“. Er setzt sich an den Nebentisch aber direkt zu meiner rechten Seite. Ich wusste ja das auf einem Frachtschiff jeden Tag Kapitänsdinner ist, aber das er neben mir sitzt hatte ich mir nicht erträumt. Ein Deutscher und auf seiner letzten Reise vor seinem Ruhestand. Er fragte nach meinem Reisepass und einem Passbild für den Bordausweis.