Wir schauen uns noch das Denkmal von Heinrich dem Seefahrer direkt am Fluß an, der hier kurz vor seiner Mündung in den Atlantik unglaublich breit ist. Hier vor dem Denkmal steht auch eine Imbißbude, wo es außer guten belegten Brötchen auch einen Bica gibt, wie hier der Espresso genannt wird. Das scheint alle wesentlich mehr zu faszinieren als das Denkmal. Wir fahren weiter zur Praca Rossio, wo wir aussteigen, weil der Bus in der Innenstadt nicht weiterkommt. Mit dem öffentlichen Bus fahren wir die engen steilen Straßen hoch zur Burg Castelo San Jorge, von wo aus wir einen tollen Blick über diese große Stadt haben. Mit unserer hiesigen Führerin, einer Deutschen, die seit über 35 Jahren mit einem Portugiesen verheiratet ist, laufen wir anschließend durch die Alfama, dem ältesten Viertel Lissabons. Hier gibt es viele malerische Gässchen, die Wäsche flattert überall vor den Häusern, und wir sind ausnahmsweise die einzigen Besucher. Die Häuser sind hier aber nicht in so einem makellosen Zustand wie in Spanien, oft blättert der Putz ab, und viele Häuser machen einen recht renovierungsbedürftigen und ärmlichen Eindruck. Am Ende der Diktatur 1974 war Portugal ein einziges Armenhaus. Es dauert seine Zeit, bis das überwunden ist.

 

Wir kommen wieder zum Praca Rossio und haben nun Freizeit. Die Sonne lacht inzwischen zu unserer Freude auch wieder. Wir laufen kreuz und quer durch Lissabon und denken an die mehrfachen Warnungen vor Dieben. Überall stehen Gruppen von Schwarzen aus den ehemaligen Kolonien Angola, Mozambique usw., und auch jede Menge Polizei ist allerorten präsent. Da gehen wir nicht ohne mulmiges Gefühl in die Seitengäßchen. Irgendwann erstehe ich von einem Maler ein schönes Ölbild, das einen Tisch mit Stühlen unter einer sonnendurchfluteten Laube darstellt. Der Lichteinfall ist wunderbar festgehalten, und das Bild hat eine enorme Tiefe. Es wird mich immer an diese Reise erinnern.

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Am nächsten Morgen ist es bewölkt und kühl, aber windstill. Unser heutiges Ziel liegt in der Nähe von Faro an der berühmten Algarve. Wir fahren über die schöne Brücke des 25. April über den breiten Tejo, sehen auf den Atlantik und die großen Schiffe, die hier vor Anker gehen. Dann geht es in Richtung Süden über Setubal in der Provinz Alentejo. Bald kommt auch die Sonne wieder, und wir fahren durch ausgedehnte Weinanbaugebiete, Korkeichen- und Eukalyptusplantagen und Kiefern- und Pinienwälder. Die Kartoffelfelder blühen und der Ginster auch. Peter erzählt über die großen Seefahrer Portugals: Vasco da Gama, Heinrich der Seefahrer, Magellan, Bartholomeu Diaz. In Alcacer do Sal machen wir eine Morgenvisite. Auf den beiden Kirchtürmen befinden sich 6 Storchennester mit Nachwuchs. Dann geht es bei portugiesischer Musik weiter durch Reisfelder, und es gefällt uns, bei schönem Wetter und Musik durch eine heitere Landschaft zu fahren. Wir kommen nach Sines, dem Geburtsort Vasco da Gamas. Es ist ein verträumter kleiner Ort am Atlantik, wo uns kein Tourist begegnet, als wir durch die kleinen Gäßchen streifen. Weiter geht die Fahrt durch eine hügelige Landschaft voller Blumenwiesen und kleiner Wälder, ab und zu taucht ein kleines Dorf auf, immer wieder sehen wir kleine Rinderherden mit Kälbern. Inzwischen sind wir in der Provinz Algarve und kommen in ein Naturschutzgebiet bei Aljezur am Atlantik, wo Peter in einem einsamen Restaurant direkt am Meer Schwertfischessen bestellt hat für diejenigen, die das wollten. Wir durchfahren ein großes Feuchtgebiet, in dem vor allem Schildkröten leben, Kuhreiher, Ibisse und Störche. Man hat überall Brandschneisen angelegt, um eventuelle Brände besser unter Kontrolle zu bekommen. Hier breitet sich überall die Macchia aus, eine strauchig-krautige Vegetation mit vielen Blüten, die herrlich duften.

 

Während die Mehrheit der Gruppe zum Essen geht, laufe ich auf die Felsklippen hinauf und bin von der Aussicht auf den wild tosenden Atlantik und die herrliche Küstenformation total begeistert. Soweit ich schauen kann, fällt die Küste steil ab ins Meer, ab und zu sieht man eine kleine Sandbucht und Felsklötze vor der Küste. Dazu bläst ein so starker Wind, daß man es nicht lange dort oben aushält. Ich suche mir ein etwas geschütztes Plätzchen unterhalb des Gipfels und schaue auf den Strand und die Felsen und das glitzernde Meer. Über mir kreisen große Möwen, und es ist total friedlich und einsam hier. Nur das endlose Rauschen der Brandung ist zu hören. Endlich und Gott sei Dank allein! Ich genieße die Zeit und laufe dann barfuß durch den feinen Sand wieder runter zum Strand. So nach und nach trudelt die Gruppe wieder ein, die lange auf den wohl sehr guten Fisch hat warten müssen. Ihnen bleibt kaum noch Zeit, sich den Strand anzusehen, dann geht es wieder weiter über Sagres zum Cabo de Sao Vicente, dem westlichsten Punkt Europas. Als wir ankommen, sehen wir etliche fliegende Händler und einen Bratwurststand, auf dem steht: die letzte Bratwurst vor Amerika! Ein cleveres deutsches Ehepaar verkauft hier wirklich sehr gute Bratwurst zu einem stattlichen Preis, und ich bin sicher, daß ihr Mercedes bezahlt ist! Die Aussicht von der Landspitze auf die Küste und das weite Meer ist wunderschön und windumtost.

 

Durch die macchiabewachsene Landschaft und bei Fadomusik von Amalia Rodrigues geht die Fahrt weiter nach Lagos, wo wir Aufenthalt haben. Einige fahren mit kleinen Booten zu sehr schönen Grotten. Da mir in kleinen Booten bei Seegang regelmässig schlecht wird, verzichte ich darauf und laufe dafür durch die Gäßchen der Stadt, durch die Flaniermeile und an der palmengesäumten Uferpromenade entlang. Hier ist alles völlig auf den Tourismus eingestellt, und überall sitzen Touris in Bistros und Cafés. Im Hafen liegen teure Jachten, aber auch noch hübsche kleine Fischerboote.

 

Wir haben noch eine ziemliche Strecke zu fahren und kommen erst gegen 19.30 zu unserem Campingplatz bei Olhao, auf dem viele Engländer, Skandinavier und natürlich Deutsche oft monatelang bleiben und der Tristesse des Winters entfliehen. Direkt hinter dem Campingplatz fährt keine 10 m von unserem Rotel entfernt die Eisenbahn entlang. Ausserdem gibt es hier Schnaken. War aber beides nicht so schlimm wie befürchtet.