Der nächste Morgen ist schön sonnig und windstill. Wir fahren über den Fluß Guadiana, der hier in den Atlantik mündet und gleichzeitig die Grenze zwischen Portugal und Spanien bildet . Wir kommen nun in die Provinz Huelva und befinden uns damit wieder in Andalusien. In der hügeligen Landschaft liegen große Orangenplantagen und Felder voller Erdbeeren, die in der Sonne leuchten. Überall wird geerntet, damit wir zu Muttertag Erdbeerkuchen auf der Kaffeetafel haben. Auch Sonnenblumenfelder, Getreide, Wein und Oliven wachsen hier. Zwischendrin gibt es auch Graslandschaft und ein großes Feuchtgebiet, die Marismas-Sümpfe. Auf jedem Strommast befindet sich mindestens ein bewohntes Storchennest mit Jungen. Bei Flamencomusik fahren wir wieder in die Provinz Sevilla, fahren aber nur an Sevillas Stadtrand entlang und sehen von weitem den hohen Turm der Giralda. Weiter geht es strikt in Richtung Süden. Währenddessen erzählt uns Peter stundenlang die Geschichte Andalusiens, über die Inquisition und den Kampf gegen die Mauren.

 

In Arcos de la Frontera machen wir Mittagspause. Es soll das schönste der berühmten weissen Dörfer Andalusiens sein. Wunderschöne malerische Gassen und blitzsaubere, schneeweiß gekalkte Häuser empfangen uns bei herrlicher Sonne. Die meisten gehen etwas essen, Gerda und ich laufen jedoch durch die Straßen und Gäßchen den Berg hoch bis zur Burg, von wo aus man einen traumhaften Blick in die Landschaft hat. Sehr schön ist es hier.

 

Die weitere Fahrt von Arcos de la Frontera bis in die Nähe von Tarifa gehört für mich zur schönsten der ganzen Reise. Wir fahren auf einer alten schmalen Landstraße durch endlose Getreidefelder, die fast reif sind und in der sanfthügeligen Landschaft im Wind wogen. Dieses Bild erinnert mich sehr an die Mongolei von der Landschaftsformation her, vermutlich gefällt es mir daher so. Hier gibt es nur ganz vereinzelt eine Hazienda mit Weidewirtschaft, dafür um so mehr Blumenwiesen. Die Kühe stehen bis zum Bauch in den Blumen, phantastisch. Hier würde ich gerne eine Weile bleiben und die Landschaft mit Muße genießen. Aber wir fahren weiter bis zu unserem Campingplatz Punta Paloma, der ca. 8 km vor Tarifa an der Costa de la Luz (Küste des Lichts) liegt. Während alle anderen sich gleich in Richtung Meer begeben, laufe ich etliche Kilometer die Straße zurück, die wir gekommen sind. Ich finde auch einen Feldweg, der mich zu Weiden führt, auf denen Stiere weiden, und endlich kann ich auch die berühmten Andalusierpferde mit Fohlen fotografieren. Die weissen und schwarzen Stuten stehen bis zum Bauch in Blumen, meist Malven, die Fohlen sieht man gar nicht, wenn sie liegen. Hier wachsen Skabiosen, wilde Gladiolen, Malven, Salbei, verschiedene Margeritenarten in weiß und gelb, Wundkleearten und an den Wegrändern schöne Heckenrosen.

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Schließlich bin ich zurück im Camp und gehe weiter zum Meer, das etwa 1 km entfernt liegt. Hier ist die Stelle, wo der Atlantik und das Mittelmeer zusammenprallen, dadurch entsteht ein ständig starker Wind, der an mindestens 300 Tagen im Jahr bläst und manchmal so stark ist, daß man sich kaum auf den Beinen halten kann. Für Badeurlaub ist das also nicht der richtige Ort, obwohl die langen Strände und die Dünen dahinter aus feinstem weißen Sand bestehen. Aber Surfer aus aller Welt kommen her und haben ihren Spaß an Wind und Wellen, ihre bunten Segel flitzen überall in der Sonne übers Wasser. Ich laufe durch den schönen Sand und sammle besondere Steine und genieße Natur pur, die knallige Sonne und den starken Wind. Hier sollte man mehr Zeit haben, das würde mir gefallen.

 

Der 1. Mai beginnt mit Wolken und Dunst. Wir wollen uns heute Gibraltar anschauen und fahren immer parallel zum Meer, das nun das Mittelmeer ist. Wir sind wieder an der Costa del Sol, der Sonnenküste Spaniens. Und bald läßt sich auch heute die Sonne wieder blicken. Wir fahren durch die Stadt Algeciras und kommen nach Gibraltar. Den Bus lassen wir vor dem großen Felsen stehen und laufen dann zu Fuß durch die Paßkontrolle der Engländer. Gibraltar gehört den Engländern, und es mutet schon seltsam an, hier an der Küste Spaniens Bobby’s zu sehen und plötzlich englisch zu sprechen und mit Pfund zu bezahlen, weil die Engländer den Euro abgelehnt haben. Gerda und ich folgten jedoch nicht der großen Menge stadteinwärts, sondern gingen erst einmal zum Hafen, weil wir dort zwei Kreuzfahrtschiffe von weitem gesehen hatten, die offenbar gerade angekommen waren und ganze Karawanen fetter weißer kurzbehoster Engländer ausspieen, die die Stadt überschwemmten. Mein Gott! Wir gingen dann ins Zentrum und waren sprachlos über das, was wir dort sahen: Lokal an Lokal, einen Riesenplatz voller Touristen und Läden ohne Ende. Gibraltar ist zollfreies Gebiet, und entsprechend viele Läden mit Alkohol, Tabakwaren, Parfums und grauenhaftem Nippes reihen sich aneinander. Es ist ein Gedränge wie am ersten Schlußverkaufssamstag. Entsetzlich! Wir tranken erst mal einen Kaffee, nachdem wir einen freien Tisch ergattert hatten und brachten irgendwie die 5 Stunden rum, die wir dort Zeit hatten. Überall, wo es wirklich schön war, mußten wir uns sputen und hatten nur 1 ½ oder maximal 2 Stunden, und hier in diesem dekadenten Nepperparadies hatten wir glatte 5 Stunden. Das hat mich geärgert, und ich war stinksauer, als es endlich weiterging. Der Dunst hatte sich inzwischen soweit gelichtet, daß man die nur 14 km breite Meerenge zwischen Gibraltar und Marokko überschauen und die afrikanische Küste erkennen konnte.