Gegen Mittag erreichten wir ein verlassenes Grundstück im Wald, dessen Besitzer - so hieß es - in London wohnt und in Tourismus macht, aber in Wirklichkeit krummen Geschäften nachgeht. Wie alle reichen Guyanesen im Ausland. So stellte es zumindest unser Führer dar, und der muss es ja schließlich wissen. Oder? Vor Ort wohnte nur ein einsamer Rastamann mit Frau, Kind und noch einem Kameraden. Die hielten sozusagen die Stellung. Fürs Picknick war ein Dach errichtet worden, das man mit Folie aus England abgedichtet hatte. Diesen Umstand benutzte der Auslandsguyanese, sofort darüber zu wettern, dass man das auch mit Palmenwedeln machen kann, aber eben die Kolonialherren einen dazu zwingen, ihre Produkte zu verwenden. Ich konnte nur noch irritiert schauen. Um die Mittagszeit wurde es sehr heiß. Nichtsdestoweniger wanderten wir unter der Führung des obigen Kameraden zu einem Wasserfall in der Nähe. Der war nicht sonderlich hoch ( ca. 15m), aber viel schwarzes, reißendes Wasser strömte herab. Herr Berlin und der Guyanese kletterten sofort bis zur Spitze. Ich mochte nicht so recht, weil der Grund des Wasserbeckens voller Holzstücke, spitzer Steine usw. war und man wegen des Wassers auch nicht sehen konnte, wo man hintrat.
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Ich habe es trotzdem bis nach oben geschafft, aber nur um mir anhören zu müssen, dass sich der Guyanese sehr zu Hause fühlt. Er war etwas enttäuscht, daß wir die Wasserfälle in Venezuela besser fanden. Wir kletterten noch etwas weiter und kehrten dann zurück. Auf dem Rückweg fing es an zu regnen, was wir aber mit stoischer Ruhe ertrugen. Und wieder nervte uns der Guyanese mit der Aussage, dass dies garantiert der längste Regen ist, den wir jemals erlebt hätten. Was für ein Idiot. Ich meine, kommt selber aus England, wo doch die Sonne so gut wie nie scheint.
Die Sachen trockneten wieder. Auf dem Rückweg nahmen wir den Rastamann zum Arzt mit. Der wohnte in einer kleinen Stadt 30 km flussabwärts. Der Rasta nahm nur eine Taschenlampe mit, weil er plante, den ganzen Weg zurückzulaufen. Nicht schlecht.
Der Nachmittag kam, und wir schipperten weiter. Das Bier ging langsam zur Neige. Zum Schluss der Fahrt hielten wir noch an einer völlig entwaldeten Insel an, was uns noch einmal in aller Schärfe die Gelegenheit gab, über Entwicklungsländer zu diskutieren. Ich vertrat die Meinung, dass man die kolonialen Herren aus den 50ern nicht mehr dafür verantwortlich machen kann, wenn jetzt ein malaysisches Unternehmen die Abholzungsrechte für hundert Jahre erhält. Das sah der Guyanese natürlich anders und meinte, dass es mir einfach an Erfahrung mangelt. Leider hatten wir die Gewässer mit den Piranhas schon verlassen…. . Zur Strafe für dieses unsachliche Argument soff ich ihm das letzte Bier vor der Nase weg.
Wir gingen friedlich auseinander, zumal ich die Diskussion nach K.O. gewann, weil er keine Antwort wusste auf die Frage, warum er denn nach England gegangen ist und auch keinen guyanesischen Akzent usw. mehr spricht. Ja, erst das Fressen, dann die Moral !
Zum Sonnenuntergang erreichten wir wieder die Anlegestelle und fuhren mit dem Jeep zurück nach Georgetown.
Beim Doktor war wieder mal das Wasser knapp. Wir packten unsere Sachen und schliefen noch eine Runde. Um 4.00 Uhr morgens wollten wir am Flugplatz sein, d.h. also mit dem Taxi eine Stunde vorher losfahren. Es blieb deswegen noch viel Zeit für abendliche Ausflüge. Der Doktor versprach uns, ein Taxi zu rufen und auch aufzubleiben bis wir abreisen. Das war sehr nett, aber total unnötig. Der Abschied von der Familie war warm.
Auf der Straße ließen wir uns in einen Club fahren, dessen Namen ich vergessen habe. Das Etablissement war gleich um die Ecke, was wir aber nicht wussten, aber den Taxifahrer freute. Wir bezahlten ca. 5 DM Eintritt, bestellten etwas zu Essen - Huhn mit Reis - und gingen ins Obergeschoss, wo eine Modeling-Show sein sollte. Zuerst spielte eine Band diverse Reggae-Hits nach. Das war gar nicht so schlecht. Das Publikum bestand meist aus Einheimischen, uns als Weiße und einer Schiffsladung Chinesen, die wohl nie so ganz erwachsen werden. Später führten sich dann einige leichtbekleidete Damen auf, die aber zu vier Fünftel totale Gurken waren. An sich ist so etwas immer ein Erlebnis, aber Guyana muss scheinbar auch hier nehmen, was es kriegt. O.K. eine heiße Frau gab es – sie war aus St. Martin.
Gegen 2.00 Uhr machten wir uns auf den Heimweg. Der Doktor war noch wach, und wir versuchten ihn zu überreden, uns ein Taxi zu rufen und endlich ins Bett zu gehen. Während wir sprachen, pennte er immer wieder ein. Wir waren uns nicht sicher, ob er auch wirklich alles verstanden hatte. Endlich kam das Taxi und fuhr uns zum Flugplatz. Ich plauderte etwas mit dem Fahrer. Wir bezahlten ihm 18 US$ und legten noch zwei als Trinkgeld drauf, weil er sowieso nicht wechseln konnte. Da war er begeistert, kam noch hinter uns hergelaufen und sagte sein Name wäre Sylvester. Das ist nett, aber normalerweise ist das der letzte Tag des Jahres und kein Rufname.
Auf dem Airport war es rammelvoll, scheinbar fliegen alle Maschinen so zeitig wie möglich aus Guyana ab. Im Warteraum hatte ich gerade etwas Schlaf gefunden als mir irgendeine blöde Tante gegen mein Knie klopfte und wollte, dass ich so eine Befragung für Touristen mitmache. Nach einem Blick darauf entschied ich, dass ich dabei nicht mitmachen kann. Man musste zum Beispiel sein ausgegebenes Geld in US$ und alle anderen Währungen der Welt umrechnen. Das ist nichts für so spät am Abend. Herr Berlin vertrieb sich die Zeit mit dem Einkaufen von wirklich billigem Rum und entging so der Befragung. Wir flogen ab und erreichten mit nur wenig Verspätung Trinidad, wo wir als erstes eine heiße Dusche nahmen.