Nach einer kurzen Erholung in der Zivilisation dachten wir: Ach, so schlimm war´s ja gar nicht, und wollten das ganze noch mal am anderen Ende vom Nationalpark versuchen. Dort sprach die Nationalparkverwaltung sogar englisch und man sagte uns, der Nationalpark sei jetzt zur Regenzeit aufgrund der Überschwemmungen für „normale Touristen“ gesperrt. Sie erklärten uns, wie wir die Ranger-Station im tiefen Dschungel finden konnten und schenkten uns zum Abschied noch einen Aufkleber. Wir genossen den letzten Abend Zivilisation. Falk inspizierte die Mangos, Bananen und Papayas vor unserer Hütte und ich verbrachte die ganze Zeit mit zwei Fröschen und einer Echse unter der Dusche. Abends saßen wir im Dorf-Restaurant bei Pizza und Salat, als ein Fahrzeug der Gemeindeverwaltung vorbeifuhr und Häuser und Leute mit Moskito-Gift einnebelte. Am nächsten Morgen ging’s dann zurück in den bolivianischen Dschungel. Zur Regenzeit. Keine gute Idee. Ich schwor mir: Im nächsten Jahr bleiben wir zuhause. Höchstens noch ein kleiner Wochenendausflug nach Bayern, wo die Welt noch in Ordnung ist und Geranien an den Fenstern wachsen! Zusammen mit Ediberto, der seinen Dienst auf der Ranger-Station antreten sollte, machten wir uns also auf den Weg.
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Grinsend hatte man uns darauf hingewiesen, dass wir ein paar Flüsse durchqueren müssten, aber ich wollte bis zu Letzt glauben, dass sie uns damit nur einzuschüchtern versuchten. Aber nun standen wir wirklich vor der braunen strömenden Brühe, auf der anderen Fluss-Seite hatte sich gerade ein LKW eingebuddelt, und Ediberto begann unbeirrt, sich Hosen, Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Meine Augen wurden immer größer. In meiner Phantasie malte ich mir aus, wie mich Krokodiele und Blut saugende Insekten anfielen und wie Fräulein Anna Conda die schwefelgelben Zähne bleckte. Nicht zu vergessen, dass wir auch noch unsere riesigen Rucksäcke schleppten während Ediberto nur ein kleines Beutelchen mit sich trug. Die nächsten Tage quälten wir uns durch Hitze, Schwüle und Moskitos. Der Schweiß rann uns in Strömen herunter, und auf jedem Stück Haut, was man freigab, fanden sich sofort hungrige Moskitos ein. Wasser gab es nur aus dem nahen Fluss, Strom gab es gar nicht, aber dafür war Ediberto klasse! Er entsprach unseren Vorstellungen von einem richtigen Ranger, kroch tagelang mit der Machete durch den Dschungel und ahndete Verstöße. Er fand heraus, dass jemand illegal Holz geschlagen hatte und daraus ein Haus gebaut hatte. Am nächsten Tag war schon die Polizei vor Ort, das Haus musste abgerissen werden und das Holz wurde konfisziert. Währenddessen säuberten wir die Schilder eines Pflanzenlehrpfades, Falk reparierte mit seinem Swiss-Tool Geländer, Treppe und Tisch der von Termiten zerfressenen Ranger-Station und ich nähte die Moskito-Netze. Doch die Nächte waren ein Alptraum. Meine Haut klebte, zerkratzt und zerstochen, am Ajungilak-Thermo-Schlafsack, und die Zikaden zirpten so laut, dass ich erst glaubte, da sei ein Sägewerk. Passend zur Stimmung las mir Falk mit der Taschenlampe aus einem Buch über Dschungelkrankheiten vor. Beispielhaft wäre da die Loa-Loa, bei der im Endstadium die geschlechtsreifen Würmer durch dein Auge kriechen, fressend, scheißend und fröhlich kopulierend. Nach ein paar Tagen waren wir so jämmerlich, dass wir in die Zivilisation zurückwollten. Wir schenkten Ediberto unser „Wasser-Euter“ und meine Weste, und er riss kurzerhand den Aufnäher von seiner Ranger-Mütze und schenkte ihn mir. Das war ergreifend und ich hab den Aufnäher heute noch auf meiner Hose.