Mit zwei Stunden Verspätung legten wir ab und uns wurde langsam klar wo wir gelandet waren. Außer den beiden Kabinen gab es nur noch einen großen Raum – für die Hängematten. In zwei Reihen hingen ja ca. 80 Hängematten, ebenso in der Mitte und vor den Fenstern. Darunter standen die ganzen Kisten und Taschen der Leute und dazwischen schliefen auch noch Menschen. Es war so eng, dass die Matten höhen- und seitenversetzt angebracht werden mussten damit man überhaupt nebeneinander schlafen konnte. Und wenn einer anfing mit schaukeln, dann schaukelten alle notgedrungen mit. Etwa 200 Personen waren auf dem Kahn. Auf jede Schwimmweste kamen 10 Passagiere und ein Rettungsboot gab es auch: Kapazität für 8 Passagiere. Aus der Kommando-Brücke flogen von Zeit zu Zeit die leeren Bierflaschen in den Fluss. Das braune Flusswasser nahmen sie zum trinken und zum kochen. Früh, mittags und abends gab es Reis mit Huhn, fünf Tage lang. Die Hühner wurden in Drahtkäfigen unter der Treppe gehalten. Die Küche war direkt zwischen den Klos und den Hängematten, neben welchen allmorgendlich die Hühner geschlachtet wurden.
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Ging man aufs Klo konnte man jedes Mal in den riesigen Topf in der Küche kucken: die ersten Tage dachte ich immer, das wäre altes Abwaschwasser, aber es war Hühnerbrühe. Das Essen musste man sich an der Küche abholen. Die lange Schlange von 200 Leuten begann also vor der Küche und verlor sich zwischen den Hängematten. Wollte man nun aber aufs Klo musste man unter den ganzen Hängematten durchkriechen während die Leute darin lagen. Wo sollten sie auch sonst hin? Vor dem Klo stand immer eine lange Schlange, weil die Klos auch gleichzeitig die Duschen waren. Die Duschbrause war direkt über dem Klobecken angebracht, so dass stetig braunes Flusswasser aus der Brause auf den Rücken tropfte während man sein Geschäft erledigte. Nach dem Duschen blieb das Wasser wiederum stundenlang in den Kammern stehen – bei unseren Wanderstiefeln war das nicht so schlimm, aber die meisten Leute auf dem Schiff waren barfuss. Neben den Menschen gab es noch andere Passagiere: krächzenden Papageien mit abgeschnittenen Flügeln, eine jammernde kleine Katze, kreischende Affen, denen ein Strick um den Hinterleib gebunden war damit sie nicht weglaufen konnten, ein Huhn mit zusammengebundenen Krallen, und Schildkröten zum Paket verschnürt auf den Rücken gedreht. Die Leute ließen ihren Müll immer einfach unter die Hängematten fallen lassen: abgenagte Knochen, ausgespuckte Essenreste, gelbe Ohr-Wattestäbchen, Bonbonpapier, Vogelscheiße…. Mittendrin krabbelten die Säuglinge herum, halbnackt, heulende Kinder mit Pocken. Mütter lausten ihre Kinder. Falk wollte mir das erst nicht glauben, er sagte: “Quatsch, die flechten sich Zöpfe!”