Obwohl es regnet, hat hier niemand einen Schirm, geschweige denn, einen knallroten Regenponcho. Weisse Touristen gibt es hier sowie so nicht, und so ist es fast ein Spiessrutenlaufen, aber die Leute sind freundlich und amüsieren sich.
 
Zurück in unserer Posada, dusche ich erst mal das Karibiksalz ab und packe dann meinen Koffer, denn morgen geht es wieder nach Hause. Heute ist unser Abschiedsabend mit Fischessen. Einige Frauen schnippeln in der Küche schon fleissig Gemüse und freuen sich über das Foto, das ich von ihnen mache. Trotz aller Mühe, die sich die Frauen gegeben haben, schmeckte mir das Essen überhaupt nicht. Der Fisch muffelte und war total grätig, das Gemüse fad und lätschig. Aber das kränkte mich jetzt gar nicht mehr. Cilfredo war noch in die Stadt geflitzt und hatte drei CD’s ergattert, die er Yvonne, Inge und mir schenkte. Da ich diese nun doppelt habe, bekommt Gertrud mein zweites Exemplar zur Erinnerung.
 
Morgen werden vier unserer Gruppe in aller Frühe zur Isla Margarita zum Badeurlaub fliegen, somit sind wir heute zum letzten Mal alle zusammen. Und weil ich morgen Geburtstag habe, spendiere ich heute schon eine Runde Ciuba Libre für alle. Wir stossen alle an und freuen uns, dass wir in so netter Gruppe zusammen durch Venezuela reisen konnten. Jeder nennt sein Highlight dieser Reise, und fast jeder nennt etwas anderes, was ihn am meisten beeindruckt hat.
 
Cilfredo legt die tolle Salsa-CD auf und holt dann eine Frau nach der anderen zum Tanzen. Schliesslich raffen sich auch die Männer auf, wenigstens einen Tanz mit ihrer Partnerin zu tanzen, aber dann sitzen sie wieder wie angenagelt an ihren Plätzen. So ist das leider. Da sind wir Frauen doch viel peppiger, egal, ob es die 36jährige Gertrud oder Maritta mit über 70 ist, wir tanzen einfach mit viel Spass, und Cilfredo ist umschwärmter Hahn im Korb. Die Rolle gefällt ihm offensichtlich. Er tanzt sehr gut und viel, bis er fix und fertig und total verschwitzt ist, er ist ein echter Stimmungsmacher. Maritta ist so aufgedreht, dass sie die ganze Nacht durchmachen könnte, und auch Yvonne ist ein echter kleiner Springteufel. Wie können da die Männer einfach nur da hocken?

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Nachher sitzen wir noch fröhlich zusammen und leeren die Reste unserer Flaschen mit Rum, Anis- und Kokosschnaps, und weil das alles an Plätzchen und Weihnachten erinnert, wünschen wir uns zum Schluss noch ganz ausgelassen „Fröhliche Weihnachten“. So einen lustigen Geburtstag hatte ich schon lange nicht mehr.

 
Am nächsten Morgen steht an meinem Frühstücksplatz eine brennende Kerze, und ich werde von allen Seiten gedrückt und beglückwünscht. Das ist ja eine tolle Überraschung. Danach fahren wir zum Flughafen, verabschieden und drücken unseren Superfahrer Gustavo und fliegen dann nach Caracas. Das Gepäck abholen und wieder neu einchecken dauert fast drei Stunden, dann haben wir noch jede Menge Zeit, bis unsere Flieger starten. Die einen via Paris mit Air France, die anderen mit mir in der Lufthansa nach Frankfurt. Auf einmal rufen sie mich, stellen sich im Kreis auf und singen mir dann mitten im Flughafen ein Geburtstagsständchen, dem Cilfredo noch die Krone aufsetzt, in dem er Happy Birthday auf Spanisch als Solo singt. Ich bin ganz gerührt, das ist so nett. Und dann übergibt mir Gertrud noch ein ganz originelles Päckchen, das sie mangels Geschenkpapier und Bändel mit Pflaster zugeklebt hat. Darin ist ein Pareo, ein grosses dünnes Tuch, das man anstatt Bademantel oder Strandkleid um sich wickeln kann und das ich am Hafen in der Hand, dann aber wieder zurück gehängt hatte. Wie fein sie aufgepasst hat und was für eine nette Geste! Somit hat auch dieses Tuch eine Geschichte.