21.10.2002
Zeitiges Aufstehen, abbauen, packen ... Einheimische stehen wie Kinder herum und können alles gebrauchen. T-Shirt?, die hundertfach gestellte Frage. Die Knaben vom Pumpenschwengel kriegen Kleidungsstücke. Dem einen gebe ich meine Augensalbe für sein verletztes Auge. Herzlicher Abschied.
Fahrt durch schönes Gebirge, Schotterpisten, Querrinnen, Gräben, fortgespülte Brücken, hinab, durchs Wasser, hinauf, Weihrauchbäume an den Hängen, weite Täler, violetter Salbei, schwimmende Bergketten am Horizont, durch die sich unser Fahrweg als Faden windet, Kinder rennen rufend hinter dem Toyota her, bieten Spielzeug, Weihrauch an, Grashütten, Viehzeug, graziles Gras mit Federbüscheln...
Rast vor einem Konso-Dorf. Ganz tiefschwarze Menschen eilen auf uns zu. Wir krauchen in eine Hütte. Es gibt wieder Probleme mit Bezahlen und Fotografieren.
In Konso essen wir wie immer graue Lappen zu Mittag und spazieren nach dem Kaffee über den Markt. Sicherlich als erste Touristen werden wir angestarrt, mit den Augen verfolgt. Stoff wird noch mit der Elle vermessen, der Änderungsservice müht sich an einer fossilen Nähmaschine, gute Nahrungsmittel liegen auf der Erde oder sind in Säcken verpackt. Aber hier herrscht Ordnung und Sauberkeit.
Das nächste Zeltlager schlagen wir auf dem schönen Gelände des abgedankten Königs auf. Fahren aber noch vor dem Essen in das Dorf Etcequè.
Fruchtende Kaffeebäume, Kartoffel- und Getreidefelder in Terrassenform, bergiges Gelände, weite Fernsicht auf schroffe Bergspitzen, leuchtend rotbraune Erde gibt es während des kurzen Ausfluges zu sehen.
Dann parken wir vor dem umzäunten Dorf. Es stehen zwei Schilder neben dem Eingang. Totenkopf neben dem Wort Aids fallen auf, bei dem anderen ist eine Familie gemalt, die zwei Kinder führt – Familienplanung.
Während ich lese, krakelen mehr als 50 kleine Kinder von oben hinter Zaun und Mauer. Das Dorf besteht hauptsächlich aus Kindern, Kindern, Kindern ... Foto, Foto, Foto...
Es ist in Hanglage exotisch und einmalig angelegt, um jedes Schilfhaus ein Zaun aus Bohlen, dazwischen höchstens einen Meter breite Gasse. Frauen beschäftigen sich mit traditionellen Hausarbeiten, den zentralen Platz ehren kahle Baumstämme für verstorbene Häuptlinge, an anderer Stelle geschnitzte Holztotems für tote Krieger. Die Kinder tragen die Reste armseligster Lumpen, Hunger scheint keiner zu leiden. Auf dem Heimweg begegnen uns hunderte Leute, die schwer bepackt vom Markt hinauf zum Dorf strömen. Deswegen sahen wir nur Kinder.
Gewaltige Gewitterwolken über den Bergen, ein Regenbogen, mächtige Akazien und davor hübsche Frauen in grellbunten Stoffen gehüllt – das wäre wieder ein schönes Bild geworden.  
Das Gewitter warten wir in einer Kneipe ab. Zum Abend serviert der Koch Spaghetti, Kartoffeln, Fleischstücke, Tomatensalat, Spinat, Zucchini, rote Rüben, Erbsen, Gurkensalat und eine Obstteller.
Wir kampieren über 2 000 m hoch, es wird kalt. Der Vollmond scheint durch baumhohe Euphorbien, in denen riesige Spinnengeflechte und Kokons hängen. Der Häuptlingssohn entfacht ein angenehmes Lagerfeuer.
22.10.2002
Unsere Gruppe ist beim König eingeladen. Die Residenz, ein Grashütten-Mini-dörfchen, vereint alle Gewerke eines Bauernhofes, frühes Mittelalter, und ohne Trinkwasser. Eine Hütte dient als neunjährige Beherbergungsstätte für die Leiche seiner Hoheit, bis diese auf dem Friedhof beigesetzt wird. Für den Fototermin zieht er sich noch um.
Wir passieren Gidolè und fahren nun im Rift-Valley 150 km am Ch’amo See entlang bis Arba Minch. Hier kennen wir uns aus. Schöner Blick von der Terrasse der Unterkunft: durch Flammenbäume auf Urwald, Ch’amo und Abaya See.
G. lädt uns zum Fischessen in den Ort ein. Drei Sorten gilt es zu probieren.   Clapia, ein großer Raubfisch, wird stehend auf einem Gestell kredenzt, dazu Gemüse und Suppe. Preis: 125 Birr = 1,64 EUR pro Bauch!

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Am Nachmittag fahren wir zur See. Erst gestaltet es sich schwierig, per Toyota das Ufer des Ch’amo See zu erreichen, es ist sumpfig. Dann steigen wir in ein kleines Boot, welches uns in ein größeres Motorboot bringt. Diesen rostigen Blechkahn mit einem stotternden Dieselungetüm und zu erwartenden Leck vertrauen wir uns an. Ein nahendes Gewitter läßt uns ganz schön auf und ab rollen. Ein Schwarzer schöpft Wasser, wir kriegen die gischtende Bugwelle ab. Abtauchen möchten wir wegen der hier vorgewarnten Bilharziose nicht. Der Schiffsführer fährt erst mal in die ausgelegten Fischernetze und spult sie auf die Schraube. Dann ist er des Wasserschöpfens müde, beißt von der Stake-Stange ein Stück ab und verschließt das Leck.
Das fotogene Gewitter zieht backbords ab, wir betrachten eine Flug- und Tauchschule von Pelikanen und schlingern später in eine Bucht, wo wir aus relativer Nähe gut 7m lange Leistenkrokodile beobachten. Auch Flußpferde schwimmen in geringer Entfernung vom Boot. Viele Vögel wie Weißkopfadler, Reiher, Pelikane, tummeln sich hier. Das ist schon interessant, das alles in so geringer Distanz sehen zu dürfen.
Umfallfrei und trocken gelangen wir wieder an Land. Am Ende schultert ein Schwarzer den massigen Dieselmotor zwecks Diebstahlsschutzes zum Bootshaus hin.
Abends gibt es wieder Clapia, Wetterleuchten und Nachtruhe unterm Moskitonetz.
23.10.2002
Wir fahren zwei Stunden am Albaya See entlang auf einer Asphaltstraße! In Sodo trinken wir Kaffee (hier hatten wir bei der Hinfahrt die Fahrer gewechselt). G. erzählt uns, daß das Haus hier ein Bordell ist, Liebesdienste sind ab 30 Birr zu haben (15 Fotoeinheiten). Die Mädels – jetzt aus anderem Blickwinkel betrachtet, schwänzeln über den Hof. In Shashemene essen wir Mittag, man sieht wieder Autos, Fahrräder, Eselskarren, viele Studenten. Schnurgerade Straße durch den großen Grabenbruch, erkennbar sind verworfene Lavaböden und kleine Vulkane. Im Bereich dieser langen Bruchstelle der Erdkruste reihen sich viele große Seen. Weiter geht’s durch trockenes Grasland, bestanden mit einzelnen Schirmakazien, mächtigen Feigenbäumen. Jetzt stauben wir nach rechts zum Langano See. Das ist eine ordentliche Ferienanlage mit vielen Unterkünften für die wohlbetuchten Hauptstädter. Viele blühende Büsche schmücken, im Hintergrund die 4 000er. Das Wasser ist warm, trüb, braun, es fühlt sich seifig an, denn es enthält reichlich Soda und Eisenverbindungen. Da es bilharziosefrei (in den Körper eindringende Wurmlarven) ist, baden wir vergnüglich, bis die Haut schrumplig wird.




 

Beim Abendspaziergang beobachten wir Sekretäre auf den kahlen Bäumen.
Bei Castellbier sitzen wir noch in lustiger Runde zusammen und wie immer, werden heitere Erlebnisse ausgetauscht.