Nach dem leckeren Mittagessen mit Gemsbokroulade - Oryx-Antilope - Geflügelsalat und anderen Köstlichkeiten, starteten wir zu unserer ersten Stadtrundfahrt, die uns durch die Kaiserstraße - der Hauptstrasse von Windhoek - führte und schließlich bei der Christuskirche begann, die hoch oben auf einem kleinen Berg steht, von wo aus man einen schönen Überblick über die ganze Stadt hat. Alles war picobello sauber und gepflegt. Schöne Parkanlagen und hübsch angelegte Blumenbeete begleiteten unseren ersten Ausflug. Den Reiter von Südwest und die ehemalige Feste - heute Museum - besichtigten wir ebenso wie den Tintenpalast, der so genannt wird, weil die Beamten dort soviel Tinte sinnlos verschreiben. Ich freute mich nebenbei über die vielen herrlichen Pflanzen, die überall wuchsen, besonders meine geliebten Sukkulenten, die ja letztlich den Ausschlag für diese Reise gaben. Das Goethepflänzchen stand hier zu Hauf, außerdem jede Menge Aloen und viele andere. Und sogar die Echinacea purpurea entdeckte ich, die Haus- und Hauptheilpflanze der Firma, in der ich arbeite.
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Schließlich hatten wir freie Zeit für einen Bummel, und angesichts der ungewohnten Hitze hatten wir einen Mordsdurst und fanden uns bald wieder im Café Gathemann in der Kaiserstraße, von dessen Balkon aus man herrlich die Leute auf der Straße beobachten konnte. Der Inhaber des Cafés ist ein Deutscher, und hier gab es Kaffee und Kuchen und Eis und was ein Süßmaul sonst noch begehrt in der gewohnten deutschen Qualität. Heute am Sonntag waren nicht viele Leute unterwegs. Gegenüber im Park lagen viele Schwarze auf dem Rasen und genossen die Freizeit. Alle Menschen hier waren sehr gut gekleidet, und von irgendwelchen Diskrepanzen zwischen Schwarz und Weiß war nichts zu bemerken. Ein paar Autos der UNO fuhren rum, ab und zu sahen wir ein paar Soldaten aus allen möglichen Nationen, aber sie machten einen fast gelangweilten Eindruck. Wir waren gespannt auf die folgenden Tage, denn am 7.11.89 sollten die ersten Unabhängigkeitswahlen Namibias durchgeführt werden, und überall hingen Wahlplakate herum.
Im übrigen möchte ich gleich zu Beginn sagen, daß ich mich hier in keiner Weise zur Politik und auch nicht zur Apartheid in Südafrika äußern möchte, sondern werde so berichten, wie ich es erlebt habe. Die Problematik des Zusammenlebens von Schwarz und Weiß ist um ein Vielfaches größer als wir von unserer theoretischen Warte aus beurteilen können. Theorie und Praxis sind eben zweierlei. Ich kann von mir nach Ende der Reise nur sagen, daß von meinen Vorstellungen so gut wie nichts übrigblieb und daß ich immer und immer wieder verblüfft war, daß so gar nichts von Agressionen und Feindseligkeiten oder auch nur Disharmonie zu spüren war, weder von seiten der Schwarzen noch von seiten der Weißen. Ich habe es während der ganzen Reise so empfunden, daß beide so sehr konträre Menschengruppen friedlich nebeneinander leben. So friedlich, wie wir hier auch mit unseren Nachbarn leben, und unser Leben ist ja auch nicht ungetrübt und vorurteilsfrei oder ohne Streit. Man denke nur an unsere vielen ausländischen Mitbürger und selbst an die Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR, denen wir nicht gerade mit offenen Armen begegnen. Und auf so einer kurzen Reise hat man auch kaum die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu schauen, um ein halbwegs objektives Bild zu bekommen.