Das komische Insekt mit dem Rüssel, das an der Baumrinde klebt, hätten wir ohne Tom glatt übersehen – ein Baumwanze (lantern flie). Am Boden hat derweil eine Eidechse Beute gemacht, eine Riesenmotte. Sie beißt hinein, stutzt und lässt die Motte wieder fallen, die wohl doch nicht so lecker ist wie sie aussah.


 

Beide Höhlen sind schwach, aber ausreichend beleuchtet, so dass man keine Taschenlampe braucht. Stärkeres künstliches Licht würde das Algenwachstum auf den Steinen zu sehr fördern. Die Formationen der Stalaktiten und Stalagmiten sind sehr eindrucksvoll.

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Nur ein paar Schritte entfernt der Eingang zur Hirsch-Höhle. Ein Gewölbe so hoch und groß, dass eine ganze Kathedrale darin Platz hätte. Auch hier laufen wir auf Holzstegen, die Wanderschuhe überflüssig machen. Die Felswände am Eingang, wo noch genügend Licht vorhanden ist, sind bewachsen – mit Palmen, wie Tom meint, er habe nur deren Namen vergessen. Die alte Urwäldlerin in mir aber weiß es besser: Das sind keine Palmen, sondern Baumfarne, die zu den erdgeschichtlich ältesten Pflanzen gehören.


 

In der Höhle gibt es gute Hinweistafeln mit verständlichen, ja zum Teil lustigen Erklärungen in Englischer Sprache. So macht Information richtig Spaß – wenn man sich die Zeit zum Lesen nimmt. Die skurril geformten Feldwände regen die Phantasie an und bedürfen keiner Erklärung. Sie kommen mal rund, mal eckig oder spitz, mal scheiben- oder orgelförmig daher und sind ein wahres Wunderwerk der Natur. Die 2 – 3 Millionen Fledermäuse, die in dieser Höhle wohnen, sieht man nicht, doch man hört ihre Klicklaute, mit denen sie permanent schwätzen.


 

Der Holzsteg endet auf einer Empore vor dem Höhlenausgang, der zu Fuß nicht zu erreichen ist. Dort, wo Trafokabel am Geländer entlangführen, sitzt eine schier winzige, fast durchsichtige Nackt-Fledermaus, keine 5 cm groß, schrumpelig und dürr wie getrockneter Fisch. Ihr Nano-Schwänzchen, dünn wie eine Nähnadel, bedürfte zur genaueren Betrachtung einer Lupe. Wir sind entzückt von diesem Winzling. Er macht uns sogar die Freude, sich im Schein unserer Taschenlampe mit einem Beinchen unter dem Bauch zu kratzen und dann noch kurz eins seiner Flügelchen auszustrecken. – Putzig!


 

Es ist inzwischen fast 18.00 Uhr. Wir laufen zum Eingang zurück und bleiben dort stehen. Die rechte Felswand, gegen den Himmel betrachtet, hat genau die Form des Profils von Abraham Lincoln. Für die Fledermäuse wird es Zeit, die Höhle zu verlassen, um auf den abendlichen Beutezug zu gehen. In Gruppen von einigen hundert Tieren schwärmen sie aus, bilden oben am Höhlenbogen erst eine lose Formation, dann einen konzentrischen Ring, ähnlich einem Fischschwarm, der sich wie auf ein heimliches Kommando plötzlich zu einer Schlange auflöst oder zur Form eines Bumerangs, bevor sie endgültig wegfliegen und Platz machen für den nächsten Schwarm mit derselben Flugshow. Das Spektakel wiederholt sich bis zum Einbruch der Dunkelheit. Wir schauen gebannt zum Himmel und sind fasziniert.