Auf dem Rückweg schaute ich schnell noch in einigen Läden vorbei und bestaunte wirklich schönen Bernsteinschmuck in allen Varianten. Am wertvollsten sind die Stücke mit unversehrten Einschlüssen, z.B. Insekten. Haben wollte ich das alles nicht, aber das Anschauen machte Spaß.

 

Dann kam das Abendessen im Speisesaal dieses denkwürdigen Hotels Jurate, und das war wirklich ein Knüller. Man hätte Mühe, diese Vielfalt an uraltem Geschirr verschiedenster Art auf diversen Flohmärkten aufzutreiben. Einem Sammler wäre hier bestimmt das Herz aufgegangen. Jeder Teller hatte ein anderes Muster, mal Blümchen, mal nur einen blauen oder goldenen Rand, mal mit Zacken, mal schlicht. Bei den Getränkekaraffen waren auch echte Sammlerstücke dabei. Es standen auch Suppenterrinen zur Selbstbedienung dort, und ich nahm an, daß es sich um eine Art Kaltschale mit Früchten handelte. Da es heiß war, schöpfte ich mir also etwas davon und war erstaunt, zwischen den Früchten dicke Nudeln zu sehen. Aber vielleicht war das gar nicht so übel. Wie sich dann herausstellte, sollte diese “Suppe” der Nachtisch sein. Nun gut. Ich fand das alles herrlich nostalgisch und fühlte mich in längst vergangene Zeiten versetzt, in denen alles einfacher und im positiven Sinne anspruchsloser war. Die Bedienungen flitzten freundlich umher und brachten uns ein leckeres Essen und wir hatten das Gefühl, daß man uns hier alles bot, was möglich war. Vor allem die ungewohnte Freundlichkeit hat uns gefallen.

 {{g_ads}}

Alle paar hundert Meter konnte man im Ort Fahrräder leihen, und so mietete ich mir nach dem Essen einen Drahtesel und fuhr damit von einem Ende des Ortes zum anderen. Dabei hatte ich auch noch Gelegenheit, das schöne Bernsteinmuseum anzuschauen, in dem wirklich wunderschöne Stücke zu sehen waren. Es gibt soviele Bernsteinvarianten, daß sich ein Laie damit schon schwertun kann. Ich wußte nicht, daß es auch fast weißen Bernstein gibt, aber auch ganz dunkelroten. So manches Mal entdeckten wir sehr originelle und auch edle Designerstücke dabei.

 

Ich fuhr mit dem Rad sämtliche Sträßchen entlang und entdeckte dabei wunderschöne Holzhäuser mit meist blauen Fensterläden und oftmals mit Reetdächern und alle mit herrlichem Blumenschmuck davor. Viele waren Ferienhäuser und mit Kind und Kegel und vielen Hunden belegt. Direkt an der Promenade sah ich ein meisterhaft arrangiertes Blumenbeet, leider war es zum Fotografieren schon zu dunkel.

 

Zu Hunderten flanierten die Leute friedlich an der Promenade entlang. Es waren hauptsächlich Litauer, aber auch Esten und Russen und eine ganze Menge Deutsche. Mein Schock über den anfänglichen Rummel hatte sich längst gelegt. Wir waren wohl gerade in der Zeit angekommen, als die Leute vom Strand zurückkamen und hungrig durch den Ort wuselten. Jetzt war alles friedlich hier in diesem malerischen Ort.

 

In meiner Kemenate habe ich gut geschlafen und dann ein prima Frühstück bekommen. Danach hatten wir mangels Ortsführerin (oder vielleicht Gott sei Dank) 2 Stunden Freizeit. So holte ich mir gleich wieder ein Fahrrad und fuhr quer über die Insel auf die andere Seite die Düne hoch. Von dort oben hatte ich einen wunderbaren Blick auf den kilometerlangen, weissen Strand und die weite Ostsee. So früh am Morgen waren erst wenige Leute am Strand, aber so nach und nach kamen sie in Scharen. Ich radelte die etwa 3 km zurück nach Nida und kaufte in einem Supermarkt noch ein paar Sachen ein. Der Ort war nun ganz malerisch, gemütlich und ruhig. In einem Bernsteingeschäft kaufte ich mir ein kleines Bernstein-Glücksschwein und saß dann noch ein Weilchen am Wasser, bis der Bus uns alle wieder einlud, denn heute wollten wir noch 368 km bis nach Vilnius, der Hauptstadt Litauens, fahren. Brigitte liest ihrer Teenager-Spätlese, wie sie uns nennt, wieder den Spruch des Tages vor, den ich leider nicht notiert habe, und bald haben wir die kurische Nehrung und auch die Fähre nach Klaipeda hinter uns und fahren auf guter breiter Autobahn nun von West nach Ost. Auf dem Seitenstreifen der Autobahn werden Pilze und Heidelbeeren angeboten, auch ein Radfahrer und ein Mähdrescher fahren munter auf der Autobahn und später führt sogar ein Bauer seine Kuh dort entlang. Das ist kaum zu glauben und bei uns schlicht unvorstellbar. Aber wir sind ja auch nicht bei uns.