Heute machen wir eine 2 ½ stündige Bootsfahrt ins Herz der Johannisburger Heide nach Ruciane-Nida und fahren dabei durch mehrere Seen, u.a. den Spirdingsee. Das ist der größte der masurischen Seen. Die Sonne scheint wieder vom Himmel, und wir genießen das Faulsein an Bord, staunen über die Unmengen von Segelbooten auf den Seen, sehen sogar eine Gruppe Tarpane mit Fohlen im Nationalpark. Tarpane sind eine Wildpferdart, die vom Aussterben bedroht ist und in Nationalparks ein letztes Refugium gefunden haben. Sie haben sich hier schon derart an die Touristen gewöhnt, daß sie sich füttern und streicheln lassen. Kurz vor unserem Ziel werden wir mittels einer Schleuse ca. 2 Meter gehoben, um danach in einem höher gelegenen See weiter zu fahren. Es war sehr interessant zu beobachten.

 

Im Dörfchen Krutynia hat Brigitte für uns ein Bigos-Essen bei einem Bekannten für uns bestellt. Bigos ist das polnische Nationalgericht und besteht aus Sauerkraut, Weißkraut und kräftig gewürzter, kleingeschnittener Wurst. Das Ganze wird stundenlang geköchelt und schmeckt sehr herzhaft-lecker. Danach gab es einen “Bärenfänger”, also selbstgebrannten Honigschnaps. Der Wirt war allerdings gar nicht mein Fall, denn seine derb-plumpen und schlüpfrigen Sprüche fand ich nicht sehr lustig. Nach dem Essen besuchten wir einen kleinen aber feinen Markt, auf dem es eine Riesenauswahl herrlicher Bunzlauer Keramik gab. Eine solche Vielfalt hatte ich noch nie gesehen, es waren wunderschöne Stücke dabei, und ich hätte etliche Schüsseln, Terrinen oder Gedecke mitnehmen mögen. Nur gut, daß sich das alles schlecht transportieren läßt, sonst hätte ich das wohl auch getan. Aber an einem wunderschönen Teil kam ich einfach nicht vorbei. Es ist eine Platte mit einem Deckel darüber in einem dezenten Blaugrün gehalten. Diese Bemalung fiel aus dem Rahmen, und wie sich herausstellte, war es ein Unikat. Ich mußte es unbedingt für eine liebe Freundin haben, die sicher Freude daran haben wird.

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Nachdem wir unsere “Beute” verstaut hatten, gingen wir ein Stückchen weiter zum gleichnamigen Flüßchen Krutynia, wo schon die Boote mit den Stakern auf uns warteten. In jedes Boot passen 6 Leute plus Staker. Ich stieg in das letzte Boot als siebte Person. Wir wollten schon ablegen, als noch eine angerannt kam, also Nr. 8. Dann ging es los. Nach 100 Meter rief Brigitte von der Brücke, daß noch jemand kommen würde, also Nr. 9. Margret hatte beim Bus gewartet und nicht mitbekommen, daß wir zur Brücke gehen sollten. Sie stieg also auch noch ein, und der arme Staker schluckte ziemlich, denn drei Personen mehr bedeuten etwa 200 kg mehr. Das Flüsschen Krutynia ist sehr flach und nur zwischen 30 und maximal 80 cm tief. Einer aus der Gruppe meinte, wer hier ertrinkt, ist nur zu faul zum saufen! Und unser armer Staker mußte nun 9 schwere Touris rund 3 km flußaufwärts staken. Er war zwar jung und ein Muskelmann, trotzdem tat er mir leid. An sehr seichten Stellen setzten wir ein paarmal auf, aber mit viel Anstrengung schaffte unser Mann es doch immer wieder. Diese Bootsfahrt könnte sicher sehr romantisch und verträumt und friedlich sein, wenn es nicht gerade Sonntag in der Hochsaison wäre. Es sind hunderte von Paddelbooten unterwegs, die die Idylle trüben. Viele Kinder plantschen in dem flachen Wasser und haben Spaß. Hier müßte man ganz frühmorgens um 5.00 oder 6.00 Uhr paddeln, das wäre sicher unvergleichlich schön. Aber als wir an einem kleinen See ankommen, drehen wir wieder um, und nun geht es flußabwärts viel leichter und schneller und unser armer Staker kann ein bißchen verschnaufen. Ganz flott sind wir wieder an der Anlegestelle und sitzen bald darauf wieder im Bus, der uns durch eine herrliche Wald- und Wiesenlandschaft wieder nach Mikolajki bringt. Unterwegs machen wir noch Halt beim Geburtshaus des Schriftstellers Ernst Wiechert.

 

Heute gibt es zum letzten Mal ein wunderbares Abendbüffet im Hotel Golebiewski, wo ich mich sehr wohl gefühlt habe. Danach gehe ich nochmal zu den Pferden und schwatze anschliessend mit etlichen aus unserer Reisegruppe. Das wird immer netter.

 

Am nächsten Morgen sehe ich “meine” Kaskada auf der Weide grasen. Mein Muskelkater erinnert mich noch tagelang an sie. Nach dem Frühstück laden wir alle Koffer wieder in den Bus und fahren heute 424 km auf polnischen Pisten nach Posen. Um 9.30 Uhr sind es schon schwüle 27. Wir fahren auf unebenen Straßen Stunde um Stunde vorbei an riesigen Getreidefeldern, Seen und Wäldern. Brigitte läßt ein dickes Album mit Bildern von der kürzlichen Nordkapreise herumgehen, um uns auf den Geschmack zu bringen. Auch von der Griechenlandreise vom Mai dieses Jahres gibt es ein schönes Album. Es gibt ja noch soviele schöne Ziele auf der Welt, und wir sind ja gerade auf Reisen, da kann ich noch nicht an die nächste denken.