Unsere Straße folgte dem San Juan River, der später in den Colorado mündet. Die Landschaft war trostlos und öde. Ab und zu sahen wir eine Kuh mit ihrem Kälbchen oder ein paar Pferde und einzelne Häuschen. Und immer wieder kleinere Canyons und Felsabbrüche und Mesas in dieser grenzenlosen Weite.

Schließlich sahen wir immer mehr dieser herrlich-roten Monolithen und wußten, daß wir gleich am Ziel waren. Und in der Tat, unsere Straße führte schnurstracks auf eine Ansammlung wunderschöner, bizarrer Felstürme zu. Wir knipsten wie die Irren, wohlwissend, daß fünf Minuten später noch viel bessere Anblicke kommen würden, denn wir waren ja noch gar nicht richtig da. Touristen sind ein gieriges Volk, in fast jeder Beziehung!

Nachdem wir im Besucherzentrum viele Informationen erhalten konnten, stürmten wir nach draußen und konnten uns nicht sattsehen an dem Naturwunder vor unseren Augen. Zahllose hell- und dunkelrote Monolithen ragten da in der Einsamkeit der Wüste in den Himmel als stumme Zeugen. Und Wind, Kälte und Hitze werden eines Tages ihr Werk vollendet haben und auch diese Reste dem Wüstenboden gleichgemacht haben. Es sind verwunderliche Formen darunter, die die Phantasie anregen. Manche sehen aus wie Menschen- oder Tiergestalten.

Auch hier fanden wir wieder wunderschönen Indianerschmuck und andere Gegenstände, und ich kaufte einige Kleinigkeiten für den Hundesitter, Vogelversorger, Blumengießer und andere nette Leute meiner Alltagswelt zuhause.

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Dann machten wir vor dieser großartigen Kulisse unsere Mittagspause. Es war irre schön, heiß und windig und mir kam die ganze Szenerie fast unwirklich phantastisch vor.

Dann ging es zu unserem schlichten Campingplatz, der leider keine Duschen hatte, obwohl ich mich groggy und verschwitzt fühlte. Aber so ging es den anderen ja auch, und deswegen nennt man viele Rotellisten auch Rotelfüchse...! Zwar machten wir auch an diesem Abend wieder ein Lagerfeuer, aber es war nicht mehr kalt wie sonst.

Am folgenden Tag fuhren wir lange durch Navajoland, durch einsame Halbwüste und unendlich trostlose, menschenleere Landschaften. Bei einem alten Handelsposten von 1860 - Trading Post - machten wir Halt und fanden auch hier wieder einen Indianerladen, der sehr schöne, aber für mich unerschwingliche Stücke anbot.

Weiter führte die Route durch das Reservat der Hopi-Indianer, von denen es nur noch wenige gibt. Von den Navajos leben immerhin noch 100.000 in Reservaten, von den Hopis nur noch 6.000. Die Hopis betreiben keine Weidewirtschaft mehr, sondern Ackerbau.

Dann fuhren wir langsam wieder auf 2000 Meter Höhe hinauf und kamen schließlich zum ältesten Ort Amerikas, der 3000 Jahre alt ist. Wir durchfuhren Keans, ein moderner Hopi-Ort mit Krankenhaus und Schule. Die Hopi-Gesetze verbieten jegliches Fotografieren. Hier tankten wir Diesel und betrachteten vom Bus aus die Indianer, die auch hier alle ziemlich fett und aufgedunsen scheinen wie die Navajos auch.

 

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Für unsere Mittagspause kauften wir in einem Supermarkt in Tuba City ein, hier leben ausschließlich Indianer. Also waren in dem Supermarkt auch nur Indianer, und ich hatte schlagartig das Gefühl, in einem völlig anderen Land mit einer völlig fremden Kultur zu sein. Ich hatte den Indianern gegenüber Schuldgefühle für das, was die Weißen ihnen angetan haben, auch wenn ich persönlich nichts dafür konnte.

Wir überquerten den kleinen Colorado, der später in den großen Colorado mündet. Hier sahen wir das erste Hinweisschild zum Grand Canyon, unserer nächsten Station. Und im Hintergrund grüßten wieder majestätisch die 4000-er Berge mit den Schneemützen. Was für eine großartige Landschaft! Und dann fuhren wir von Osten her in den Grand Canyon Nationalpark hinein, der 1919 von Präsident Roosevelt zum Nationalpark erklärt wurde und eine Fläche von 5.000 qkm umfaßt.

Wir hielten am Desert View und warfen einen ersten Blick hinein in diese größe Schlucht der Erde, die immerhin über 1000 Kilometer lang ist, wovon 490 km in diesem Nationalpark verlaufen. Tja, und dieser erste Blick hinein war für mich ein bißchen enttäuschend. Es war natürlich schon gewaltig und beeindruckend, aber da es sehr dunstig war, schien die ganze Szenerie irgendwie unwirklich. Aber der Hauptgrund war wohl, daß ich schon viel zuviel über den Grand Canyon gesehen und gelesen hatte, natürlich immer im besten Licht mit optimalen Kameras spektakulär festgehalten. So war dieser Naturzustand hier vor mir fast etwas ernüchternd. Außerdem hatte ich mich im Verdacht, daß meine Aufnahmefähigkeit an Wundern wohl langsam erschöpft war. Das jedoch sollte ein Irrtum sein, wie sich am nächsten Tag herausstellen sollte.

Wir befanden uns in 2100 Metern Höhe am Südrand des Canyons. Diese größte Schlucht der Erde hat der Colorado River in 2 Milliarden Jahren geschaffen, dieser Fluß, der in 24 Stunden eine halbe Million Tonnen Erde und Geröll mit sich reißt und der den Stausee des Lake Mead eines Tages zugeschüttet haben wird.

 

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Der gegenüberliegende Nordrand des Canyons liegt 2400 Meter hoch, die Entfernung bis hinüber beträgt immerhin 13 Kilometer. Bis hinunter zum Colorado River sind es etwa 1700 Höhenmeter, die man zu überwinden hat. In der Ebene eine Kleinigkeit, in der Höhe verdammt mühsam.

An den Canyonwänden läßt sich die Erdgeschichte gut verfolgen anhand der verschiedenen Gesteinsschichten. Vom Rand bis hinunter zum 70 bis 100 Meter breiten Colorado muß man mehrere Klimazonen überwinden. Herrscht am Canyonrand subarktisches Klima, so blühen unten im Wüstenklima die Kakteen. So hatte ich oben meinen Skianorak an und trug unten nur noch ein dünnes Top, wobei ich mit "unten" die 800 Meter meine, die ich am nächsten Tag in den Canyon hinablief.

Heute leben immer noch Indianer im Grand Canyon, und zwar die Havasupai.