Nach unserem "Kaufrausch" zogen wir uns dünne und unempfindliche Sachen an und marschierten nun endlich zu den Wasserfällen. Meine Kamera ließ ich gleich in der Hütte zurück, denn ich wollte unbeschwert genießen. Außerdem fürchtete ich, daß die Nässe in die Kamera dringen könnte, wie das vielen schon passiert ist. Und die verbleibenden Reisetage wollte ich auch noch fotografieren. Dieter packte seinen Apparat in eine Plastiktüte und so zogen wir bei großer Hitze los. Wir waren fast alleine, kaum ein Mensch begegnete uns auf diesem mehrere Kilometer langen Spaziergang entlang der Wasserfälle durch tropischen Urwald. Das Gedonner des stürzenden Sambesis und die immer neuen Ausblicke auf die Fälle beeindruckten uns gewaltig. Der Sambesi stürzt in eine 1700 Meter lange Felsspalte, die senkrecht in die Tiefe abfällt. So kann man am Rand der gegenüberliegenden Felswand entlanglaufen und ist fast mitten im Geschehen. Manchmal war die Gischt so stark wie ein kräftiger Sommerregen, und nach kurzer Zeit waren wir wieder klatschnaß. Ewig nasse Palmen mit tropfenden Wedeln wuchsen hier, und dicke Lianen schlangen sich um große Bäume. Glitzerndnasse Gräser wiegten sich unter der Dauerberieselung und zarte gelbe Lilien bogen sich unter der Wasserlast. Knallig gefärbte Regenbogen lagen über dem Wasser des Sambesis in der Tiefe, und wir kamen uns wie verzaubert vor in einem Wunderland. Was für eine schier unwirkliche Welt war das hier! Seit ewigen Zeiten stürzt hier das Wasser in die Schlucht hinunter, egal, was in der Welt draußen auch passiert. Hier ist die Zeit immer gleich, und Tag und Nacht ununterbrochen donnert das Wasser in die Tiefe. Wie muß Livingstone beeindruckt gewesen sein, als er die Fälle vor über 100 Jahren entdeckte, als hier noch alles Wildnis war.
Aber auch wir waren zutiefst beeindruckt und glücklich und dankbar, daß wir dieses Naturschauspiel sehen durften. Es ist den wenigsten Menschen auf der Welt vergönnt, sich in einen Flieger zu setzen und an jeden beliebigen Ort auf unserem Globus zu düsen. Und wir waren uns dessen wohl bewußt.
Schließlich kehrten wir naß in unsere Hütte zurück, und nachdem wir uns trockene und geziemende Kleidung angezogen hatten, machten wir uns auf ins konservativ-ehrwürdige Victoria-Falls-Hotel.
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Hier genossen wir auf der luftigen Terrasse ein erstklassiges Büffet und hörten dazu Marima-Musik, die eine Gruppe von Musikern am hellichten Tag für uns spielte. Vor unseren Augen stieg die ewige Gischt der Victoriafälle in den Himmel, und wir waren satt und zufrieden und sehr glücklich.
Entwichene Loks und Warzenschweine zum Frühstück
Während Dieter nach dem Essen auf die Suche nach Dampfloks ging, kaufte ich im nahegelegenen Supermarkt Getränke für die nächsten Tage ein. Dann folgte wieder ein kühlendes Bad in der Wanne, und ich gönnte meiner sonnengeschundenen Haut intensive Pflege. Leider war es aber derart feuchtheiß, daß man bloß noch mit Handtüchern rumlaufen konnte, weil man ständig den rinnenden Schweiß von Gesicht und Armen wischen mußte.
Dieter kam schließlich unverrichter Dinge zurück. Die vom Stationsvorsteher angekündigte Dampflok war gerade weggefahren, bevor er kam. Was für ein Pech! So saßen wir in unserem "Wohnzimmer" und versuchten, trotz der rinnenden Schweißbäche einige Karten an Freunde und Verwandte zu schreiben. Wenn man’s nicht erlebt kann, kann man sich das kaum vorstellen. Nach jeder geschriebenen Karte mußte erst wieder das Handtuch zum abwischen herhalten. Aber wir lachten darüber, denn im Zweifelsfall waren uns Sonne und Schweiß lieber als grimmige Kälte und feuchter Nebel zu Hause.