Morgens liegen jede Menge Insekten- und Käferleichen auf den Zimmern und den Wegen überall. Wenn sie in solchen Mengen auftreten, ist das immer eine Ankündigung von Regen, erklärt uns Ulli. Die Viecher sollten Recht behalten.
Der nächste Morgen ist schon sehr früh sonnig und heiss, als ich um 5.30 Uhr draussen bin und dem unglaublichen Vogelkonzert lausche. Eine derartige Fülle verschiedener Vogelstimmen habe ich noch nie gehört. Jetzt weiss ich, warum das Pantanal als das Vogelparadies schlechthin gilt.
Um 6.30 Uhr laufen wir schon los, und es ist jetzt schon 30° bei einer Luftfeuchtigkeit von 80 %, also sehr schwül. Wir laufen über das weite Weideland zwischen Rindern und Pferden hindurch, werden von diversen Kiebitzen angegriffen, beobachten Kaimane, die an den Ufern der Lagunen liegen und entdecken zwei Jabiru-Störche. Überall trillert, krächzt, singt, kollert und pfeift es um uns herum. Weite Savannenlandschaft wechselt sich ab mit kleinen Wäldchen und lockerem Busch. Ab und zu blühende Jacarandabäume und Tamarinden. Wir durchstreifen einen kleinen Acuripalmenwald und entdecken einen Nasenbären und ein Pärchen Hyzintharas neben ihrer Bruthöhle. Hier im Pantanal, dem letzten Rückzugsgebiet dieser Prachtpapageien, soll es noch 15.000 Paare geben, aber ich habe anderswo gehört, dass es nur noch 3 – 5.000 Paare sein sollen.
Sie sind jedenfalls akut bedroht und strengstens geschützt, weil auf dem Schwarzmarkt in USA und Europa fünfstellige Summen für ein Tier bezahlt werden. Nach allem, was ich bisher gehört habe, wird der Tierschutz in Brasilien tatsächlich sehr ernst genommen. Es wäre schön, wenn auch diese prächtigen blauen Papageien überleben würden.
Beim Weitergehen entdeckt unser Fazenda-Guide Fabieme Pekaris. Das sind kleine, aber sehr aggressive Wildschweine, die anscheinend sehr beisswütig und daher gefürchtet sind. Wir bekommen die Tiere aber nicht zu Gesicht. Eine Brüllaffenfamilie turnt durch einen hohen Baum und schweigt, da ihre Brüllzeit längst vorbei ist. Es ist friedlich, still und schwülheiss. Als wir nach drei Stunden zurückkehren, sind wir ganz schön geschafft, aber der Spaziergang hat uns sehr gefallen.
Nach dem Mittagessen laufe ich alleine zum Fluss, beobachte eine Menge Schmetterlinge und finde keinen Platz zum Hinsetzen, da überall die verdammten Ameisen sind. So gehe ich zurück und lege mich faul in eine Hängematte unter einem grossen Schattenbaum neben der Terrasse. Mein Publikum sind blaue Aras, Kuckucke, Blauraben, ein Specht und zahllose andere Vögel.
Nach Kaffee und Kuchen – hier werde ich bestimmt zunehmen – kommt unser grosser Jeep mit drei Sitzreihen, die wie im Kino nach hinten höher aufsteigen, damit jeder gut sehen kann. Der Himmel ist leider nicht fotofreundlich, sondern grau verhangen, und es ist sehr schwül. Der leichte Fahrtwind hält die Insekten in Schach und kühlt ein bisschen, als wir über das weite Fazendagelände fahren und dabei einige flüchtende Gürteltiere entdecken, die sich partout nicht fotografieren lassen wollen, obwohl sie doch auf „unserer Liste" stehen! Dafür sehen wir Jabirus, die flugunfähigen Laufvögel Nandus (die Strausse Südamerikas), graue Sichler, Schopfcaracaras, Adler und kleine Reiher. Schliesslich kommen wir zu einem Riesenbaum, in dem sich in grosser Höhe das gewaltige Nest eines Jabiru-Pärchens befindet. Die beiden stattlichen Vögel sitzen auf dem Horst und rühren sich nicht. Leider ist der Himmel so wolkenverhangen und ausserdem dämmert es bereits, dass sich keine guten Fotos mehr machen lassen. Dennoch sind diese grössten Störche der Welt mit einer Spannweite von 2,5 Metern sehr eindrucksvoll.