Nach 2 ½ Stunden verlassen wir den Galeriewald und kommen in freies Gelände und genau dahin, wo ich gestern die beiden Ameisenbären entdeckt habe. Ein Schwarm von sieben herrlichen Gelbbrustaras fliegt krächzend über uns hinweg. Es ist sehr warm geworden und der Himmel überwiegend blau. Das haben wir gestern vermisst.

Auf einem hohen Baum turnt eine Brüllaffenfamilie herum, aber sie schweigt jetzt. Ein unerwartet zahmer Gelbbrustara kommt herangeflogen und setzt sich auf den Weidezaun. Silvio krault zu unserem Erstaunen seinen Kopf, und dann erfahren wir seine Geschichte. Der Vogel wurde aus einem Privathaushalt konfisziert und sollte längst wieder frei leben. Seit vier Jahren lebt er hier auf der Fazenda völlig frei, hat aber leider bis jetzt keinen Partner gefunden, mit dem er weiterziehen könnte. So hält er sich freiwillig in der Nähe der Menschen auf. Diese Fazenda hat mit der Regierung einen Vertrag geschlossen, in dem sie sich verpflichtet, gefangene bzw. konfiszierte Wildtiere zu betreuen und wieder auf die Wildnis vorzubereiten, um sie dann wieder auszuwildern. Manchmal gelingt es, oft aber auch nicht, weil die Jungtiere Jagen und Nahrungssuche nicht gelernt haben.

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Nach über drei Stunden sitzen wir beim wohlverdienten Frühstück und langen ordentlich zu. Danach ist Kofferpacken, Getränke bezahlen usw. angesagt. Mein Zwölf-Kilo-Trolley ist schnell gepackt, und so sitze ich bald auf der Terrasse und schaue mir dieses Paradies noch mal an, wo die Menschen und die Haus- und Wildtiere so harmonisch zusammenleben. Es ist eine kleine heile Welt für sich, und ich weiss, dass ich noch sehr sehr oft an die lehr- und erlebnisreichen und wunderschönen Tage hier zurückdenken werde, wenn ich wieder in der hektischen Welt „da draussen" bin. In der Welt „da draussen" werden wir tagtäglich mit Angst und Panikmache manipuliert, und der ganze Konsumschrott wird einem ständig vor die Füsse gekippt. Nachdem ich die Welt auf dieser Fazenda kennen gelernt habe, weiss ich, dass auch ein anderes Leben machbar ist.

Zum Abschied haben wir wieder typisches Pantanalwetter: heiss und sonnig. Ich gehe noch mal über die Weiden zu den Fohlen und Pferden. Dann gibt es ein letztes Mittagessen mit Aras und anschliessend ein fröhliches Abschiedsfoto von der ganzen Familie mit unserer Gruppe und Ulli. Der Fahrer unseres Transporters wird unter viel Gelächter mit unseren Kameras vollgehängt und muss ein Foto nach dem anderen machen, bis jeder sein Erinnerungsfoto hat. Derweil haben wir schier Backenkrämpfe gekriegt.

Um 13.00 Uhr beginnt „die Vertreibung aus dem Paradies" dieser Fazenda. Über die Erdpiste fahren wir los, aber nach nur 5 Minuten gibt es den ersten Stopp, denn rechts am Wegesrand „winkt" uns ein junger Ameisenbär zum Abschied, und das ist dann das ultimativ letzte Ameisenbärfoto. Und eine Weile später sichten wir dann doch tatsächlich das so lang vermisste Gürteltier. Es ist ein schönes Exemplar direkt an der Piste, und es frisst seelenruhig irgendeine Frucht. Ulli auf dem Beifahrersitz bekommt nun reihenweise die Fotoapparate und muss Gürteltierfotos machen. Dieses Tier fehlte uns nämlich auch noch in unserer „Sammlung" und wir freuen uns, dass wir es auf den allerletzten Drücker doch noch bekommen.

Nach gut einer Stunde biegen wir ab auf die Teerstrasse nach Campo Grande, machen unterwegs nochmals bei der Raststätte Pause. Dort empfängt uns dröhnende und grässliche Musik und viel Verkehrslärm. Und das ist für uns nach den friedlichen Tagen auf der Fazenda ein richtiger Schock.