Wir schlendern an Dutzenden von Oldtimern vorbei, die in der Innenstadt eine Parade bilden, und lernen in einem kleinen Park Marcs Freunde kennen. Auf einer Bühne wird Livemusik gegeben und wir setzen unser Picknick fort, eine bunte Mischung aus Weintrauben, Chips, Schokolade, Bier, Donuts und Co. Doch am frühen Nachmittag ist das Fest jäh zu Ende. Die Schwüle des Tages entlädt sich in einem Wolkenbruch, der die Straßen im Nu leerfegt, selbst die Oldtimerparade löst sich in kürzester Zeit auf. Und leider erliegt auch unsere gemütliche Runde schließlich der Unbill des Himmels.
 
Als wettergeprüfte Norddeutsche sind Martin und ich von so wenig Regenresistenz der Australier doch etwas enttäuscht. Wir suchen uns einen Unterschlupf und zwei Stunden später ist es zwar noch wolkig, aber wieder trocken. Den Park haben Martin und ich jetzt für uns alleine und so können wir bei Einbruch der Dämmerung in aller Ruhe beobachten, wie die Flughunde aufwachen, ihre Flügel strecken und spannen und sich auf die nächtliche Jagd begeben. Erst einer, dann immer mehr verlassen ihren Schlafplatz. Schwarz und vampirhaft zeichnen sich die Silhouetten der geschickten Flieger vor dem düsteren Abendhimmel ab, ein tolles Schauspiel.
 
Unser Abendessen führt uns heute nach Chinatown. Hier herrscht ein buntes Treiben und wir lassen uns in ein kleines Restaurant hineinkomplimentieren, wo ein Sezchuan-Huhn unseren Hunger stillt.
 
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Tag 19, Dienstag 27.01.2009
Von hochgiftigen Mini-Spinnen, harmlosen Haien und dem tödlichsten aller Tiere
 
Da unser Zimmer kein Fenster hat, sind Martin und ich unangenehm überrascht, als wir morgens in T-Shirt und Shorts vor die Tür treten und es tatsächlich immer noch regnet. Damit haben wir nicht gerechnet. Trotzdem nehmen wir die Fähre nach Manly, wo wir das Aquarium Oceanworld besichtigen wollen. Wir sind keine ausgesprochenen Kenner der Fischwelt, aber die mal bunt-schillernde, mal kurios geformte Artenvielfalt gefällt uns. Zwischendurch werden uns auf einem Nebenschauplatz noch einige hochgiftige Australier vorgestellt, darunter die giftigste Schlange der Welt, der Inlandtaipan, und die Rotrückenspinne. Letztere geht wohlverpackt in ihrem Plexiglasbehälter durch die Reihen und ich bin entsetzt: „So winzig ist die? Die sieht man ja gar nicht, bevor sie einen beißt.“ Wozu braucht dieser Winzling überhaupt ein Gift, das einen Menschen umbringen kann? Als Beute kommen wir ja wohl nicht in Frage. Aber die Warum-Frage ist in Australien grundsätzlich unangebracht. Land und Tiere sind von einer irritierenden Maßlosigkeit geprägt. Am größten, am kleinsten, am giftigsten, am gefährlichsten - der Superlativ ist hier Standard. Ein kleines Kroko macht auch noch die Runde, dann grübeln Martin und ich gemeinsam mit einer Schar begeisterter Kinder, welches Tier denn nun das tödlichste sei und jährlich die meisten Opfer fordere. Taipan, Trichter- oder Rotrückenspinne, Tigerhai, Leistenkrokodil, Riesenrochen, Würfelqualle, Blaue Galeere – alles ambitionierte Kandidaten. Mich schauert bei diesem Schreckensszenario. Blauringoktopus, Tiger Snake und Todesotter, Agakröte, Steinfisch, Waran, Skorpion, giftige Ameisen und Raupen – auch verkehrt. Was wir auch vorschlagen, die Tierpflegerin schüttelt den Kopf. Wir kommen nicht drauf, welches Tier kann noch tödlicher sein als all die genannten? Es muss ein wahres Monster sein und wir lauern auf diesen Rekordhalter. Die richtige Antwort holt uns indessen schlagartig in die Realität zurück: Es ist das Pferd. Das Pferd ist das tödlichste der Tiere. Offenbar sterben mehr Menschen bei Reitunfällen und durch wild gewordene Gäule, als durch Giftschlangen oder gefräßige Krokodile. Irgendwie bin ich sehr erleichtert.