Manchmal wird es wirklich schwierig, auf dem steilen und glitschigen Pfad ohne Stock und Halt weiter zu kommen. Instinktiv greift man nach dem nächsten Ast oder Stamm und zuckt im letzten Moment zurück, wenn einem die Feuerameisen oder Schlangen einfallen.
Stellenweise wird der Pfad sehr schlammig, und der Modder geht uns bis zu den Knöcheln. Jedes Schwein hätte hier sein Paradies gefunden. Marion haut es ordentlich hin in diesem Schlamm, aber ihre Kamera hat sie gerettet. Sie hat heute sinnigerweise eine schlammfarbene Trekkinghose angezogen, so dass der getrocknete Schlamm nachher überhaupt nicht auffällt.
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Pepe erklärt uns die vielen Vogelstimmen, die wir hören. Aber wir sehen keinen einzigen, weil sie alle in den hohen Baumkronen leben, während wir hier unten im Dämmerlicht durch den Dschungel laufen. Aber wir sehen dafür viele wunderschöne Schmetterlinge, die dieses Dämmerlicht mögen. Auch den grossen blauen Morpho haben wir vor allem über dem Fluss mehrfach gesehen. Unterwegs entdeckt Pepe einen wilden Zitronenbaum. Ich schenke ihm ein gutes Taschenmesser, das er auch gleich gebraucht und zwei dieser dicken, knubbeligen Zitronen für uns in Schnitze schneidet zum Probieren. Mann, sind die sauer!
Es ist so stickigheiss, dass uns der Schweiss nur so runterrinnt. Dann kommen wir in das von den Huaorani-Indianern bewohnte Gebiet und dürfen den Schamanen besuchen, mit dem Pepe befreundet ist. Es ist ein älterer, sehr schmaler Mann mit einem freundlichen Gesicht. Zur Begrüssung werden nur kurz die Handflächen aneinander gelegt, keinesfalls darf die Hand gepackt und geschüttelt werden wie bei uns. Der Schamane heisst Rafael. Seine Hütte ist aus Holz auf Stelzen gebaut, ein Junge – vermutlich sein Enkel – schaut zu uns herunter. Auf einem Trockengestell liegen kleine reife Bananen, die wir angeboten bekommen.
Ein ganzer Heilpflanzengarten ist rund um die Hütte angebaut, weil der Schamane ja auch Heiler ist und sich mit den Pflanzen des Urwaldes bestens auskennt. Auch ein Achotestrauch wächst in seinem Garten. Die Samenkapseln sind etwa walnussgross und dunkelrot. Die kleinen Samenkörner im Inneren sind weich, und wenn man sie zwischen den Fingern zerdrückt, erhält man eine leuchtendrote Farbe, die die Indianer für ihre Bemalungen verwenden. Sie färben sich auch die Haare damit. Pepe zerdrückt einige Samen und schminkt mir damit die Lippen und die Wange. Josef meint, dass die Farbe eine Woche lang nicht mehr abgeht. Das wäre mir nicht so recht, vor allem der rote Strich auf der Wange. Aber gut, ich werde schon sehen, wie ich damit klarkomme. Abends war die Farbe dann doch wieder weg.