Nun verlassen wir das schöne Altiplano, und es geht rapide bergab – aber nicht mit uns. Wir sind guter Dinge. Die Landschaft wird immer grüner und fruchtbarer, denn wir durchfahren das Vilcanota-Tal. Der Fluss Vilcanota, der sich später Urubamba und zuletzt Ucayali nennt und dann in den Amazonas mündet, bewässert das ganze Tal. Grosse Mais- und Kartoffelfelder, dicke Bohnen und Getreide wachsen hier. Überall sehen wir Hinweisschilder auf „Chicha", das Maisbier, das hier jeder gerne trinkt. Früher kauten die Indiofrauen die Maiskörner weich und spuckten sie dann in einen grossen Topf, das war dann die Grundlage für die Maisbiergärung. Heute geht es wohl meistens hygienischer zu. Hier sprechen die Menschen auch nicht mehr Aymara, sondern alle Quechua.
In einem kleinen Ort finden wir ein Restaurant, das einen wunderschönen Blumengarten hat, den wir ausgiebig bestaunen. Hier wachsen Korn- und Ringel- und Mittagsblumen, Dahlien und Goldmohn und viele andere. An einem kleinen Verkaufsstand finde ich ein kleines Vicuna aus Bronze, für das sich zu Hause noch ein Plätzchen findet. Dann gehen wir ins Lokal und verputzen ein leckeres Büffet. Nur Ulli kann nichts essen, er hat heute Magenkrämpfe.
Den nächsten Halt machen wir in Rahti, weil hier die grössten bzw. höchsten Inkaruinen stehen, die es gibt. Es ist eine 50 ha grosse, sehr interessante Anlage, in der ca. 20.000 Inkas gelebt haben sollen. Wir durchstreifen die 10 Meter hohen Mauern und Türme, die vermutlich als Depot für Lebensmittel, Waffen und Kleidung gedient haben. Und ich bin auch von den herrlichen Blumen überall begeistert.
Nach 3 Stunden erreichen wir den Schilfgürtel und sind dann auch bald wieder im Hotel. Zum Abendessen gibt es ein Fest für Augen und Magen, während wir eifrig über Familienbande und –beziehungen diskutieren. Puno erstrahlt wieder über den See, die Stadt, die wir gar nicht kennen gelernt haben, weil wir abends keine Lust mehr auf Eigenunternehmungen haben. Wir sind so voller Eindrücke und Erlebnisse, dass uns keine Stadt mehr aus dem Sessel locken kann.
Um 21.30 Uhr beginnt ein heftiges Gewitter, und wir freuen uns über das Wetterglück, das wir auch heute wieder hatten.
Am nächsten Morgen fahren wir schon um 6.45 Uhr los, denn heute haben wir 395 km bis Cusco vor uns. Benito erzählt uns, dass er in Puno ein kleines Haus mit 73 qm und einem Stück Land für 1.500 US-Dollar gekauft hat, damit seine beiden Kinder dort studieren können. 1.500 Dollar sind hier viel Geld. Sein Haus hat ein Wellblechdach, unter dem es im Winter eiskalt und im Sommer brütend heiss wird. Aber wenigstens ist es regendicht. Im Winter wird es hier im Hochland bis minus 20° kalt, und die meisten Häuser der Einheimischen haben keine Heizung.