Zunächst verläuft die Weiterfahrt durch wilde, von Wildbächen zerklüftete Schluchten, immer hoch über dem Abhang, auf staubiger Piste, bis wir das Tal des Río Bermejo erreichen, den wir, rotbraun dahinfließend, auf einer alten Steinbrücke überqueren. Bei Sinegiyar werden die Wasserkanister aufgefüllt. Der Ort wird vom Vulkan El Freile überragt, der über 5000 m hoch ist und an dessen Flanken der Río Bermejo durch gewaltige Schluchten, die sich zu typischen Basaltformationen auftürmen, herabstürzt. Durch die gewaltigen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht schuppt der Basalt kugelförmig ab, und die gigantischen Felskugeln, die allenthalben herumliegen, sind beeindruckend ob ihres Durchmessers. Der Río Bermejo bildet hier einen gewaltigen Canyon. Es heißt auch, der Poopósee entwässere unterirdisch durch den Río Bermejo. Die Disoretta-Bäume, die hier in die Erde hineinwachsen, werden von den Indios als Heizmaterial verwendet, sie sehen aus wie grüne Moospolster. 
    Nun führt unsere Strecke durch ein an Farben gänzlich wundersames Gebiet, das Quellgebiet des Río Bermejo, wo Erde und Fels rot-gelb, bisweilen violett eingefärbt sind, eingebettet in grünlich schimmernde Vegetation, von einem weiß-blauen Himmel kontrastreich überstrahlt. Tief unter uns liegt ein abgestürzter Bus. Ein Bremsdefekt genügt bisweilen und es passiert. Auch hier empfiehlt sich wieder eine ausgedehnte Wanderung durch die Schluchten. 
    In Ventilla, an einem Straßenknotenpunkt gelegen, haben sich vor Jahren regelrechte Straßenschlachten zweier verschiedener Dörfer abgespielt, die noch dazu verschiedenen Ethnien angehörten. Es gab damals mehr als ein Dutzend Tote. Inzwischen haben sich die Verhältnisse wieder beruhigt. Die Indios, die in dieser Höhe leben, sind nämlich äußerst aggressiv und werfen sogleich mit Steinen, wenn sie photographiert werden. Unser Reiseleiter hat eine etwas merkwürdige Begründung dafür, warum sie so aggressiv sind, und zwar wegen der Kälte, meint er, was einfach lächerlich ist. Der wahre Grund dürfte in der ständigen intensiven Sonneneinstrahlung liegen, die die Hormonproduktion ankurbelt, welche auch für das Aggressionsverhalten verantwortlich ist. Ich habe dies an mir selbst feststellen können, denn ich reagiere mittlerweile auf alles mit Gereiztheit. 
    An den verfallenen und sehr mühsam zu bestellenden Feldbauterrassen kann man erkennen, daß zur Zeit des Inka erheblich mehr landwirtschaftliche Fläche genutzt wurde, als es heute der Fall ist. Die zahlreichen Steinmäuerchen, die man in dieser Gegend findet, dienen dem Zweck, ein Abtragen der Erdkrume durch Verwehung zu verhindern. Die ohne Verbundmörtel errichteten Steinmauern sind kleine Kunstwerke. – Auf fast 4500 Metern über dem Meeresspiegel erreichen wir die Paßhöhe, wo sich ein grandioser Rundblick eröffnet. Die Eindrücke können durch kein Photo wiedergegeben werden, denn in der unendlichen Weite, die von nur wenigen markanten Gipfeln gekrönt wird, verlieren sich die Formen. Wäre nicht an der Luft zu merken, wo wir uns befinden, so könnte man sich ebensogut in eine tiefliegende aride Zone versetzt fühlen. Einsam ist es hier! und nur gelegentlich versüßen ziehende Lama- und Alpakaherden die Monotonie. 
    Unser Reiseleiter liest uns gerade aus einem Artikel vor, den er angeblich selbst verfaßt hat, und zwar zur Verschuldungssituation Lateinamerikas. Doch außer einer zahlenmäßig richtigen Wiedergabe der Fakten finde ich bei ihm nicht eine überzeugende Begründung für die wahren Ursachen und nicht einen konstruktiven Vorschlag, wie man die Situation verbessern könnte. Er nennt größenwahnsinnige Projekte und unfähige Regierungen als einzige Ursachen, eine ziemlich dürftige Erklärung! Warum gab es in Europa zur selben Zeit nicht auch vergleichsweise unfähige Regierungen, frage ich mich, dies kann mir kein überzeugender Beweis sein. Größenwahnsinnige Projekte werden stets nur von den jeweiligen, die an der Regierung sind, ausgedacht, sind also nur eine Sekundärfolge, so daß die wahren Ursachen nur darin gesehen werden können, daß diese südamerikanischen Länder sich fähige Regierungen überhaupt nicht wählen können, selbst wenn sie es wollten, weil sie nämlich fähige Politiker einfach nicht haben. Damit kommen wir der richtigen Erklärung schon einen Schritt näher. Die Spanier und Portugiesen, die einst die Geschicke Südamerikas zuzeiten des Kolonialismus lenkten, waren sie etwa weniger fähig als ihre Landsleute in der Heimat? Kam nicht erst durch die eingangs genannte, fast völlige Vermischung reichlich indianisches Blut in die Adern der spanischstämmigen Bevölkerung mit dem obenerwähnten Nachteil fast völligen Fehlens von abstraktem Denkvermögen, was eingeschränkt auch von den Mestizen noch behauptet werden kann? Bedauerlicherweise läßt sich keine andere schlüssige Erklärung finden, und theoretisch bleibt sie, solange nicht ehrlich mit dem Problem umgegangen wird, sondern man nach allerlei Ausflüchten sucht, wie die Vorwürfe wegzudiskutieren seien. Die wahren Ursachen sind stets im Erbgut des Menschen zu suchen, und das zugrunde liegende Gesetz der genetischen Vermischung besagt, daß im Mittel aus besseren und schlechteren Genen allenfalls mittelmäßige Gene entstehen. Aus Intelligenz, Tüchtigkeit und Aufrichtigkeit, den Tugenden der Guten, entstehen somit Dummheit, Faulheit und Korruption, die Tugenden der Schlechten, und auch die öffentliche Meinung zu diesem Thema erscheint zu wenig tiefschürfend, zu oberflächlich, zu bequem und tendenziös, als daß es noch eine andere Einsicht geben könnte als die, daß sich solche Entwicklungen eben nicht aufhalten lassen. 
    Bei Challapata wurde ein künstlicher Stausee angelegt, wo sich normalerweise Flamingos aufhalten. Die rötliche Farbe im Gefieder des Flamingos rührt daher, daß diese Vögel sich von Krustentieren ernähren. Bleibt diese Nahrung aus, verblaßt auch das Gefieder sehr schnell. In Challapata zweigt die Straße zum Uyuni-See ab, auf der man, so man ihr weiter folgt, nach Chile gelangt. Damit haben wir den Altiplano erreicht. Der Altiplano ist von einer unendlichen Weite, eingebettet zwischen die zwei Kordilleren. Auf ihm sehen wir in der Ferne den Poopó-See, an dessen östlichem Ufer sich unser weiterer Weg immer längs der Eisenbahn hinzieht. Der Poopó-See geht nahtlos in den Oruro-See über. Linkerhand waten wieder einige Flamingos durch die Untiefen des Sees, im Verein mit Cayenne-Kiebitzen (Belonopterus cayennensis). Da es stark geregnet hat, sind große Teile des vulkanischen Bodens mit weißen Salzen überzogen. 
    Oruro ist eine Stadt des Bergbaus, wo Zinn abgebaut wird. Die Minen wurden von Juan del Valle entdeckt, der Ñuflo de Chávez auf seinem Marsch von Paraguay nach Altoperu begleitete, auf der Suche nach Eldorado. Simón I. Patiño aus Cochabamba wurde der reichste Zinnbaron der Welt. Augusto Céspedes schrieb über dieses Teufelsmetall seinen berühmten Roman "Metal del diablo". Berühmt, aber nicht ungefährlich, ist auch der Karneval von Oruro, in dem die Teufelstänzer auftreten und wo auch zahlreiche Indios sich bodenlos betrinken und dann völlig unberechenbar sind. Geradezu lebensgefährlich ist es, einen betrunkenen Indio zu photographieren. Die präkolumbianischen Vorstellungen leben noch immer im Fest der Pachamama, der Großen Erdmutter, im Karneval fort. Oruro ist eine schreckliche, total verkommene Stadt, in der die Kanalisation oberirdisch fließt und die man schleunigst fliehen sollte.