Das Heer der Inkas trat Pizarro erstmals bei Cajamarca entgegen. Der Augustiner Fray Celso Gargia war Augenzeuge und Chronist des Feldzugs. Als der Inkaherrscher die ihm übergebene Bibel zu Boden fallen ließ, war dies das Zeichen zum Angriff. Nach wenigen Stunden waren die Inkakrieger teils niedergemetzelt, teils in die Flucht getrieben, der Herrscher gefangengenommen. Atahualpa versprach, die Räume seines Gefängnisses mit Gold zu füllen, wenn Pizarro ihm die Freiheit beließe. Dieser sicherte sie ihm zunächst zu, konnte jedoch später sein Wort nicht halten, wenn er nicht Selbstmord begehen wollte. An der Kirche von Cajamarca hatte Pizarro bereits eine Urkunde anbringen lassen, wonach Atahualpa freigelassen würde. Dessenungeachtet wurde er am 29. August 1533 auf dem Richtplatz von Cajamarca, nachdem er zuvor noch das heilige Sakrament der Taufe empfangen hatte, hingerichtet, am selben Tage, an dem auch Johannes der Täufer enthauptet worden war. Das Urteil wurde mit der Garotte vollstreckt. Atahualpa ist somit als Christ gestorben, und mit ihm erhängte sich seine gesamte Dienerschaft. Ähnlich wurde später auch Tupac Amaru, Mancos Sohn, vor der Kathedrale in Cuzco hingerichtet, er wurde enthauptet und gevierteilt. In Anlehnung an Tupac Amaru nannten sich später die Guerillas in Uruguay Tupamaros. 
    Peru war einst ein Land wilder Zustände. So befindet sich etwa bei Puno ein Gefängnis mit Hochsicherheitstrakt, in dem Mitglieder der terroristischen Vereinigungen Sendero Luminoso und Tupac Amaru einsitzen, unter oftmals unbeschreiblichen Haftbedingungen. Der ehemalige Philosophieprofessor Abimael Guzmann, der Gründer des Leuchtenden Pfades, befindet sich 12 m unter dem Meeresspiegel in Verwahrung, eingekerkert in Callao, ebenfalls einem Hochsicherheitstrakt. 
    Auf der Insel Taquile stricken nicht die Frauen, sondern die Männer, was beweist, daß sie so furchtbare Machos nicht sein können. Zepita hat eine Kirche, die eigentlich viel zu groß ist für die Ortschaft, mit einer sehr schönen Fassade im Mestizenbarock. In Julí, dem Rom der Anden, gibt es noch vier große Kirchen: San Juan de Letran, La Asunción, San Pedro Mártir, Santa Cruz und das Haus des Stadtvogts. Gegen Abend kommen wir nach Acora. Dort erwarten uns senkrecht aufgestellte Porphyrplatten, eine geomorphologische Sensation. Bizarr geformte Überhänge bilden phantastische Formen aus, die wie das Rückgrat eines Dinosauriers aussehen. Reizvolle Kletterfelsen gibt es zahlreich an den Gestaden des Titicacasees, der, ähnlich dem Baikalsee, jede Menge Zuflüsse hat, aber nur einen einzigen Abfluß, den Río Desagnadero. Eine besondere Unsitte ist es, daß die Wahlpropaganda hierzulande einfach auf die Felsen geschmiert wird, was so manches Fotomotiv zerstört. Auch vor Puno gibt es wieder spektakuläre Felsformationen, und ich bedaure, daß wir nicht bereits vor 4000 Jahren hier sein konnten.

Schwimmende Inseln

    Der Titicacasee besitzt eine sehenswerte Besonderheit, die sogenannten Schwimmenden Inseln, neunundvierzig an der Zahl, die vom Volk der Uru bewohnt werden. Diese hatten sich, um sich vor den Inkas in Sicherheit zu bringen, auf im Boden verankerte Inseln aus Schilf und Stein zurückgezogen. Man besteige also im Ort Puno ein Schiff und fahre hinaus auf den See, durch weite Schilffelder, die genügend Fahrrinnen freilassen, dann weiter über grüne Algenteppiche, von denen ich nicht zu sagen vermag, ob sie natürlicher Herkunft sind oder von der Einleitung ungeklärten Wassers herrühren. Auf jeden Fall beherbergen diese schwimmenden Teppiche aus Schilf ganze Siedlungen, in denen es nicht nur Wohn- und Wirtschaftshütten gibt, sondern auch Schulen und Kirchen. Der traditionelle Wachtturm darf natürlich nicht fehlen sowie die Anlegestelle für die ebenfalls aus Schilf hergestellten Boote. Die mit Köpfen verzierten Schiffsschnäbel, deren Mäuler weit offenstehen, so daß man die langen Zähne nur allzu deutlich sehen kann, erinnern an die bekannten Wikingerschiffe mit Drachenköpfen am Bug, aber es läßt sich leider nicht sagen, ob diese eine Erfindung der Jetztzeit sind oder ob es sie früher schon gab. Die Totora-Boote, wie sie auch genannt werden, werden es auch gewesen sein, in größerer Ausführung freilich, die die tonnenschweren Steinblöcke nach Tiahuanaco transportiert haben. Im Rahmen der sogenannten Kota-Mama-Expedition, die im Titicacasee beginnt und deren Ziel die Erreichung des Atlantiks ist, wurde ein solches Schiff nachgebaut. Was damit bewiesen werden soll, ist mir allerdings unklar. Leider hat in die typischen Wassersiedlungen der Uru auch die Moderne schon Einzug gehalten, denn zunehmend lösen häßliche, oft nicht einmal täuschend echt übermalte Wellblechdächer die traditionellen Schilfdächer ab, und die Motorboote, die hier anlegen, stören zusätzlich die Idylle. Auch hat der Tourismus den Leuten ein nicht geringes Zubrot beschert, was wohl der Grund sein wird, warum diese Siedlungsform nicht schon längst aufgegeben wurde. – Wie ehedem liegen Schweine auf den kaum zwei Fuß breiten, abseits der größeren gelegenen Inselchen, wo sie kaum hinreichend Auslauf haben. Als wir erfahren, daß sie nachts aus ihrem Gefängnis befreit und an Land gebracht werden, sind wir beruhigt. Auf keinen Fall sollte ein Besucher, der den Titicacasee bereist, es verabsäumen, hier vorbeizuschauen; er wird mit unvergeßlichen Eindrücken belohnt. 
    Unweit von Puno, in Sillustani, finden sich Grabtürme aus vorinkaischer Zeit, die auf etwa 1000 n. Chr. datieren, die sogenannten Chullpas. Bis zu zwölf Meter hoch ragen zahlreiche über die Halbinsel verteilte Türme auf, deren äußeres Mauerwerk aus fugenrein behauenen Quadern errichtet ist und die nach unten konisch zulaufen. Im Innern bestehen die Türme, die auf drei Etagen Grabkammern enthalten, aus Naturstein. Sämtliche Eingänge sind nach Osten ausgerichtet, also zum Sonnenaufgang hin, was auf die astronomische Bedeutung der Anlage hinweist und auf die Verehrung der Sonne als Naturgottheit. Die Toten wurden in mumifizierter Form beigesetzt. Neben hochherrschaftlichen Gräbern gibt es auch zahlreiche Gräber einfacher Leute, die an Ausstattung weniger reich und zumeist nur aus Natursteinen errichtet sind. Auch Opferaltäre mit Blutrinnen sind anzutreffen, und aus der Schau der Eingeweide wurde wohl ein günstiger oder ungünstiger Ausgang schicksalhafter Ereignisse vorhergesagt. Die ganze Anlage von Sillustani liegt hoch über steilen Abhängen des vulkanischen Umayo-Sees, dessen tafelbergähnliche Insel Erich von Däniken als Landebahn für UFOs ausgemacht hat. Weitab dieser Spekulation bleibt auch ohne an den Haaren herbeigezogenen Annahmen noch hinreichend viel Faszination um das Spektakuläre dieser Anlage übrig, die sich an Majestät ohne weiteres mit Stonehenge messen kann und die der das Dunkle in der präkolumbianischen Phase sich stets aufs neue ausmalenden Phantasie unerschöpfliche Nahrung bietet.