Nach der Farmführung fahren wir mit einem Boot auf einen trüben, grünen Krokodilteich. Die ausgewachsenen Monster werden mit Hühnerfleisch geködert. Unsichtbar schwimmen sie unter Wasser heran, bis sie plötzlich hervorschnellen und zuschnappen. Dabei katapultieren sie ihre massigen Körper gut zwei Meter aus dem Wasser. Nicht ohne Grund ist es an Bord verboten aufzustehen, denn leicht könnten die Tiere das schnöde Hühnerfleisch ignorieren und eine viel größere und lohnendere Beute ins Visier nehmen.
 
 
Wir spazieren über das weitläufige Gelände. Neben den Zuchtkrokos gibt es ein paar Wallabies und Koalas, die muss wohl jede australische Touristeninstitution haben. Sie sind aber auch jedes Mal wieder super. Außerdem stakt ein langbeiniger, weiß-braun gefiederter Vogel durch das Gras. Bei unserem Anblick bleibt er wie versteinert stehen. Das ist seine Spezialität, es ist nämlich ein Bush stone-curlew, ein Langschwanztriel. Wenn er sich bedroht fühlt, erstarrt er in den seltsamsten Verrenkungen zur Salzsäule. Leider scheint das Totstellen keine besonders effektive Taktik zu sein; der Fortbestand seiner Art gilt als bedroht. Auch eine andere bedrohte Vogelart wollen wir hier eigentlich gerne noch sehen. Aber das Gelände der Helmkasuare ist leider versperrt. Diese scheuen, wenig erforschten Waldvögel sind flugunfähig wie Emus und ähnlich groß. Sie besitzen eine dolchartige Kralle an ihren Stelzenfüßen, mit denen sie durchaus einen Menschen aufschlitzen könnten. Ich hätte auch ohne dieses Mordinstrument Respekt vor ihnen, immerhin sind ausgewachsene Helmkasuare größer und deutlich schwerer als ich.
{{g_ads}}
Gesehen hätte ich sie trotzdem gerne, aber die heben wir uns für die nächste Reise auf. Dafür lernen wir ein paar „Problemkrokodile“ kennen, die in freier Wildbahn zu viel Schaden angerichtet haben und deshalb hier in Gefangenschaft leben müssen. Info-Tafeln geben Auskunft über jedes einzelne Tier, wie groß, wie schwer und wie alt es ist, wie es heißt und was es verbrochen hat. Dabei gehen die lockeren Australier mit solchen Tragödien manchmal ganz schön humorvoll um: Martin und ich prusten vor Lachen, als wir über das vier Meter lange, 400 Kilo schwere Krokodilmännchen Sollie lesen, es sei „named after the dog he ate on New Year’s Day, 1988.“ Eine fantastische Namenswahl.
 
Ein weiterer Programmpunkt im Park ist die Crocodile Attack Show. Klingt großspurig, ist aber wirklich ganz spannend und interessant. Nicht zu sehen in der trüben Suppe eines kleinen Wasserlochs liegt Bob, schlechtgelaunt und hungrig, wie sich das gehört für ein Krokodil. Obwohl ich weiß, dass es gleich passieren wird, zucke ich heftig zusammen, als das gut drei Meter lange Untier aus dem Wasser schnellt und seine riesigen Kiefer zuschnappen lässt. Von seinem verhassten Tierpfleger lässt es sich zu Todesrolle und Verfolgungsmanövern provozieren. Aber immer wieder schafft es Bobs barfüßige, plappernde Beute in letzter Sekunde hinter das schützende Gitter zu hechten. Bob ist frustriert. „He hates me“, freut sich hingegen sein lässiger Pfleger.